Nichts ist mir von dir geblieben
Als der Brief, den du geschrieben,
Meines Lebens höchstes Gut;
Mag das Auge mir erblinden,
Tröstung kann ich einzig finde,
Wenn es auf dem Blatte ruht.

Dann erstehn mir sel´ge Stunden
Mit den Wonnen, die geschwunden,
Wieder aus der Totengruft;
Und um meine wehmuttrunkne
Seele hauchen lang versunkne
Lenze ihren Blütenduft.

Über mir im Abendwinde
Rauscht das Wipfellaub der Linde
So wie ehmals wiederum,
Als wir Arm in Arm gelegen
Und nur mit des Herzens Schlägen
Zwiesprach hielten, wonnestumm.

Und dann ist mir, auf dem Blatte
Ruhe neben mir dein Schatte
In dem blassen Dämmerlicht;
O, an ihm im langen, langen
Kusse soll mein Mund noch hangen,
Wenn im Tod mein Auge bricht.

Adolf Friedrich Graf von Schack
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