Gedichte von Heinrich Heine

Heinrich Heine

Heinrich Heine

deutscher Dichter und Journalist
* 13.12. 1797 - Düsseldorf
17.2. 1856 - Paris , Frankreich

Ich hatte einst ein schönes Vaterland.
Der Eichenbaum
Wuchs dort so hoch, die Veilchen nickten sanft.
Es war ein Traum.
Das küßte mich auf deutsch und sprach auf deutsch
– Man glaubt es kaum,
Wie gut es klang – das Wort: Ich liebe dich!
Es war ein Traum.

Im traurigen November war´s,
Die Tage wurden trüber,
Der Wind riß von den Bäumen das Laub,
Da reist ich nach Deutschland hinüber.

Und als ich an die Grenze kam,
Da fühlt ich ein stärkeres Klopfen
In meiner Brust, ich glaube sogar,
Die Augen begunnen zu tropfen.

Und als ich die deutsche Sprache vernahm,
Da ward mir seltsam zumute;
Ich meint nicht anders, als ob das Herz
Recht angenehm verblute.

Ein kleines Harfenmädchen sang.
Sie sang mit wahrem Gefühle
Und falscher Stimme, doch war ich sehr
Gerühret von ihrem Spiele.

Sie sang von Liebe und Liebesgram,
Aufopf´rung und Wiederfinden
Dort oben, in jener besseren Welt,
Wo alle Leiden schwinden.

Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
Ich kenn´ auch die Verfasser.
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
Und predigten öffentlich Wasser.

Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.

Wir wollen auf Erden glücklich sein
Und wollen nicht mehr darben.
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben.

Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.

Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.

Und wachsen uns Flügel nach dem Tod,
So wollen wir euch besuchen
Dort oben, und wir, wir essen mit euch
Die seligsten Torten und Kuchen.

Die Jungfer Europa ist verlobt
Mit dem schönen Geniusse
Der Freiheit, sie liegen einander im Arm,
Sie schwelgen im ersten Kusse.

Ein Hochzeitscarmen ist mein Lied,
Das bessere, das neue;
In meiner Seele gehen auf
die Sterne der höchsten Weihe.

Seit ich auf deutsche Erde trat,
Durchströmen mich Zauberkräfte –
Der Riese hat wieder die Mutter berührt,
Und es wuchsen ihm neu die Kräfte.

Im Schloß zu Düsseldorf am Rhein
wird Mummenschanz gehalten;
da flimmern die Kerzen, da rauscht die Musik,
da tanzen die bunten Gestalten.

Da tanzt die schöne Herzogin,
sie lacht laut auf beständig;
ihr Tänzer ist ein schlanker Fant,
gar höfisch und behendig.

Er trägt eine Maske von schwarzem Samt,
daraus gar freudig blicket
ein Auge wie ein blanker Dolch
halb aus der Scheide gezücket.

Es jubelt die Fastnachtsgeckenschar,
wenn jene vorüberwalzen.
Der Drickes und die Marizzebill
grüßen mit Schnarren und Schnalzen.

Und die Trompeten schmettern drein,
der närrische Brummbaß brummet,
bis endlich der Tanz ein Ende nimmt
und die Musik verstummet.

"Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir,
ich muß nach Hause gehen —"
Die Herzogin lacht: "Ich laß dich nicht fort,
bevor ich dein Antlitz gesehen."

"Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir,
mein Anblick bringt Schrecken und Grauen —"
Die Herzogin lacht: "Ich fürchte mich nicht,
ich will dein Antlitz schauen."

"Durchlauchtigste Frau, gebt Urlaub mir,
der Nacht und dem Tod gehör´ ich —"
Die Herzogin lacht: "Ich lasse dich nicht,
dein Antlitz zu schauen begehr´ ich."

Wohl sträubt sich der Mann mit finsterm
das Weib nicht zähmen kunnt´ er,
sie riß ihm mit Gewalt
die Maske vom Antlitz herunter.

"Das ist der Scharfrichter von Bergen!" so schreit
entsetzt die Menge im Saale _
und weichet scheusam — die Herzogin
stürzt fort zu ihrem Gemahle.

Der Herzog ist klug, er tilgte die Schmach
der Gattin auf der Stelle.
Er zog sein blankes Schwert und sprach;
"Knie vor mir nieder, Geselle!

Mit diesem Schwertschlag mach´ ich dich
jetzt ehrlich und ritterzünftig,
und weil du ein Schelm, so nenne dich
Herr Schelm von Bergen künftig."

So ward der Henker ein Edelmann
und Ahnherr der Schelme von Bergen.
Ein stolzes Geschlecht! es blühte am Rhein
Jetzt schläft es in steinernen Särgen.

Gedichte by Heinrich Heine (Site 7)
0 0

We use cookies on our website. Some of them are essential for the operation of the site, while others help us to improve this site and the user experience (tracking cookies). You can decide for yourself whether you want to allow cookies or not. Please note that if you reject them, you may not be able to use all the functionalities of the site.