Ich weiß nicht, was da noch werden soll? Schon dämmert´s im feuchten Grunde, Die Fledermaus macht ahnungsvoll Um den alten Stadtwall die Runde, Am Scherbenberg wird´s öd und still, Ich glaub´, die alte Wirtin will Bereits die Schenke verschließen. Ein Käuzlein hör´ ich drüben schrei´n, Wo die Grabzypressen trauern, Campagnanebel ziehen herein, Verhüllt stehen Tor und Mauern; Es wogt und wallt wie ein Geisterheer Um Cestius´ Pyramide her Was mögen die Toten wollen?Jetzt zuckt und flammt um den Berg ein Licht, Die grauen Wolken verfliegen; Es kommt mit neidisch gelbem Gesicht Der Vollmond aufgestiegen, Er scheint so grell, er scheint so fahl, Er scheint mir mitten in Weinpokal, Das kann nichts Gutes bedeuten.Und wer von der Liebsten scheiden gemüßt, Dem wird sie nur um so lieber, Und wer zu lang in der Nachtluft sitzt, Bekommt in Rom das Fieber. Schon löscht die Wirtin die Lampe aus – Felice notte! ich geh´ nach Haus, Die Zeche bezahl´ ich morgen.
Aus deinem Auge wisch die Trän Sei stolz und laß die Klage; Wie dir wird´s manchem noch ergehn Bis an das End´ der Tage. Noch manch ein Rätsel ungelöst Ragt in die Welt von heute, Doch ist dein sterblich Teil verwest, So kommen andre Leute.Die Falten um die Stirne dein Laß sie nur heiter ranken; Das sind die Narben, die darein Geschlagen die Gedanken.Und wird dir auch kein Lorbeerreis Als Schmuck darum geflochten: Auch der sei stolz, der sonder Preis Des Denkens Kampf gefochten.
Eichhorn klettert übern Schlehdorn, Eichhorn will zum Wipfel steigen, Eichhorn fällt ins Gras herab. Wär´ es nicht so hoch gestiegen, Wär´ es nicht so tief gefallen, Bräch´s sein Füßlein nicht entzwei.
Die Blicke scharf wie der junge Aar, Das Herz von Hoffnung umflogen, So bin ich dereinst mit reisiger Schar In den Kampf der Geister gezogen. Die Fahne hoch, gradaus den Speer – Da wichen der Feinde Reihen; O Reiterspaß, dem fliehenden Heer Die breiten Rücken zu bläuen!Doch kamen auch wir an jenes End´, Zu wissen, daß nichts wir wissen! Da hab´ ich langsam mein Roß gewend´t Und mich des Schweigens beflissen.Zu stolz zum Glauben – bin ich gemach In die Felskluft niedergestiegen; Die Welt da draußen ist oberflach, Der Kern muß tiefer liegen.Nun freut mich mein alt Gewaffen nicht mehr, Verspinnwebt liegt´s in der Ecken; Doch soll drum kein hochweiser Herr Als wehrlosen Mann mich necken:Noch reicht ein Blick, das Eulenpack Und die Fledermaus zu verjagen, Noch reicht ein alter Eselskinnback, Den Philisterschwarm zu erschlagen!
Vom Himmel fuhr ein Sonnenstrahl,Zu blau war ihm die Höhe,Er fuhr herab ins grüne Tal,Daß er was andres sehe.Schöner, grüner,Veilchenblauer Sonnenstrahl.Im grünen Tal ein Wirtshaus standUnd auf dem Tisch ein Käse;Der Sonnenstrahl fuhr durch die WandUnd fuhr in diesen Käse.Schöner, grüner usw.Am Tisch ein alter Hausknecht saß,Hungrig war´s ihm zu Sinnen.Derselbige den Käse fraßMit samt dem Strahle drinnen.Schöner, grüner usw.O Sonnenstrahl, du bist blamiertIn dieses Hausknechts Magen,Sieh zu, daß er dich ´rausbugsiert,Du kannst das nit vertragen.Schöner, grüner usw.Der Sonnenstrahl im SchweizerkäsBegann ein stark Rumoren,Bis in des Hausknechts Magen esGar fürchterlich gegoren.Schöner, grüner usw.Und als aus dieser GärereiBlähungen sich entspannen,Da ward der Sonnenstrahl auch freiUnd fuhr als –! von dannen.Schöner, grüner usw.
Schöner Monat Mai, wie gräßlich Sind dem Kater deine Stunden, Des Gesanges Höllenqualen Hab´ ich nie so tief empfunden. Aus den Zweigen, aus den Büschen Tönt der Vögel Tirilieren, Weit und breit hör´ ich die Menschheit Wie im Taglohn musizieren.In der Küche singt die Köchin, Ist auch sie von Lieb´ betöret? Und sie singet aus der Fistel, Daß die Seele sich empöret.Weiter aufwärts will ich flüchten, Auf zum luftigen Balkone, Wehe! – aus dem Garten schallt der Blonden Nachbarin Kanzone.Unterm Dache selber find´ ich Die gestörte Ruh´ nicht wieder, Nebenan wohnt ein Poet, er Trillert seine eignen Lieder.Und verzweifelt will ich jetzo In des Kellers Tiefen steigen, Ach! – da tanzt man in der Hausflur, Tanzt zu Dudelsack und Geigen.Harmlos Volk! In Selbstbetäubung Werdet ihr noch lyrisch tollen, Wenn vernichtend schon des Ostens Tragisch dumpfe Donner rollen!
Eigner Sang erfreut den Biedern, Denn die Kunst ging längst ins Breite, Seinen Hausbedarf an Liedern Schafft ein jeder selbst sich heute. Drum der Dichtung leichte Schwingen Strebt´ auch ich mir anzueignen; Wer wagt´s, den Beruf zum Singen Einem Kater abzuleugnen?Und es kommt nicht minder teuer, Als zur Buchhandlung zu laufen Und der andern matt´ Geleier Fein in Goldschnitt einzukaufen.
Maimorgengang, o still Entzücken:Der Äther strahlt im reinsten Blau,Und bräutlich will der Wald sich schmückenMit zartem Grün und Silbertau.Mit weichem, träumerischem SchläfernStrömt rings ein lauer Frühlingsduft,Und mit den Faltern und den KäfernDurchfliegt ein Blütenschnee die Luft;Die Halden blühn, die jüngst noch dorrten:Sieh´, es ist alles neu geworden.Erneut im Licht! so will´s des LebensGesetz, das allen Stoff durchkreist,Ahrimans Winter drohn vergebens,Der Sieg verbleibt dem guten Geist.Sein weltverjüngend MaienwunderWeckt Saft und Farbe, Ton und Klang,Drum schallt von allen Wipfeln munterDer Nachtigallen Lobgesang.Sie jubeln seiner denn in Worten:Sieh´, es ist alles neu geworden.Im Kies verstrüppter UferdämmeSchleicht heut mein Pfad feldaus, waldein,Da spiegeln wilde BirnbaumstämmeMit Ulm´ und Esche sich im Rhein.Auch ihn erfreun des Maien Wonnen,Sein Schuppenvolk taucht wohlig vor,Der Aal kommt schlängelnd sich zu sonnen,Laut plätschernd schnalzt der Hecht empor,Und murmelnd trägt´s die Flut gen Norden:Sieh´, es ist alles neu geworden.Gekränktes Herz, wozu dein Härmen?Streif ab den fleckendunkeln Rost,Laß dich von diesen Lüften wärmenUnd schöpf´ aus dieser Landschaft Trost!Kein Leid, kein Groll darf allzeit dauern,Es kommt der Tag, da alles grünt,Da Kränkung, Schuld und herbes TrauernIn goldner Sonne Strahl sich sühnt,Auch im Gemüt, wie allerorten,Sieh´, es ist alles neu geworden.Und ruht im kühlen Schoß der ErdeVon allem Schmerz dein sterblich Teil,Getrost, getrost! ein kräftig „Werde!"Beruft dich einst zu bessrem Heil.Aus ird´schen Stoffs und Grams VerzehrungReist unsichtbar ein frischer Keim,Den eines andern Mal VerklärungZur Blüte bringt in anderm Heim.Dort rauscht´s in höheren Akkorden:Sieh´, es ist alles neu geworden.Am Rhein bei Dettenheim, den 1. Mai 1869
Berggipfel erblühen,Waldwipfel erblühenVom Lenzhauch geschwellt;Zugvogel mit SingenErhebt seine Schwingen;Ich fahr´ in die Welt.Mir ist zum GeleiteIn lichtgoldnem KleideFrau Sonne bestellt;Sie wirft meinen SchattenAuf blumige Matten;Ich fahr´ in die Welt.Mein Hutschmuck die Rose,Mein Lager im Moose,Der Himmel mein Zelt;Mag lauern und kauernWer will, hinter Mauern;Ich fahr´ in die Welt.