»Wir sind die Armen, wir sind die Elenden,
Arme und Elende sind wir nicht,
Weil mit reichen Tönen, mit glückbeseelenden,
Zu uns die Stimme der Zukunft spricht.
Wir sind die drunten in Tiefen Wohnenden,
Um unsre Stirnen noch streicht die Nacht,
Doch wir beneiden die droben Thronenden
Nicht um die prunkenden Sessel der Macht.

Denn in die Tiefe sollen versinken
Gleißende Herrlichkeiten der Herrn,
Stürzen zur Rechten, stürzen zur Linken,
Ob ihren Häuptern erbleicht der Stern.
Aber zu unsern Häupten entflammen
Sterne der Freiheit ihr funkelnd Licht,
Goldene Säulen brechen zusammen,
Nimmer, was wir erbauen, zerbricht.

Uns ist gefallen ein Los vor allen
Unvergleichlich und wahrhaft schön:
Wir steigen aufwärts, und vorwärts wallen
Wir zu des Lebens leuchtenden Höhn.
Wir sind die Armen, wir sind die Elenden,
Arme und Elende sind wir nicht,
Weil mit reichen Tönen, mit glückbeseelenden,
Zu uns die Stimme Gottes spricht.«

Karl Henckell

DENKSCHATZ_MORE_FROM

deutscher Lyriker und Schriftsteller, Sozialrevolutionär
* 17.4. 1864 - Hannover
† 1929 - Muri bei Bern
Please login to view comments and to post

We use cookies on our website. Some of them are essential for the operation of the site, while others help us to improve this site and the user experience (tracking cookies). You can decide for yourself whether you want to allow cookies or not. Please note that if you reject them, you may not be able to use all the functionalities of the site.