Wie sangen die Vögel der Jugend so süß
In Goldregen und Syringen!
Der Traum schlug um mich sein Zaubervlies ...
So hör´ ich sie nie mehr singen.

Was ist meinen armen Ohren geschehn
Seit jenen taufrischen Tagen,
Daß die Nachtigallen nicht mehr so schön
Und matter die Drosseln schlagen?

Ich glaube, der große graue Mann,
Das Leben ist gekommen
Und hat mit grausamem Griff daran
Das Blümchen weggenommen.

Mir wird zumute ganz wunderbar
Wie einem Kind auf der Wiese:
Ist denn das alte Märchen wahr
Vom verlorenen Paradiese ...?

– »Dein Herz ist traurig, dein Geist ist müd,
Dir grau die Stunde zu färben –
O Liebster, die Blume der Jugend blüht
Taufrisch aus Moder und Scherben.

Die Vögel singen so süß wie einst,
Mußt nur ein Stündelein warten –
Dann kommt es dir, daß du vor Freude weinst
Im wiedergefundenen Garten.«

Karl Henckell

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deutscher Lyriker und Schriftsteller, Sozialrevolutionär
* 17.4. 1864 - Hannover
† 1929 - Muri bei Bern
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