Wenn die Welt in Blüten steht,
und dich ruft der Tod:
schicke noch ein Dankgebet
in dein Abendrot!

Sieh, es war doch schön allhier
im lebendigen Sein,
auf der Erde Jagdrevier
und im Kämmerlein.

Ging´s dir auch nicht immer gut,
schlechter oft als schlecht,
blieb dir doch ein froher Mut
treu, sogar als Knecht.

Stiegst hinab und stiegst hinauf,
sahst so Nacht und Licht:
gibt´s denn einen Lebenslauf,
dem´s an nichts gebricht?

Als du garnichts mehr gehofft,
dunkler ward dein Sein,
hüllte heiße Lieb dich oft
in Vergessen ein.

Und als heiße Liebe dann
endete in Leid,
schwang dein Herz sich himmelan
und dein Blick war weit.

Schmerz und Lust, sie alle zwei
blühten auf im Licht,
machten Duft der Seele frei –
mehr bedarf´s ja nicht.

Wenn dieWelt in Blüten steht
und dich ruft der Tod,
schick´ noch still ein Dankgebet
in dein Abendrot!

Ludwig Scharf

Additional Information

›Verstreut veröffentlichte und handschriftlich überlieferte Gedichte‹ (1883-1926), in: »Ludwig Scharf: Gesammelte Lyrik und Prosa. Mit einer Auswahl aus dem Briefwechsel«, hg. v. Walter Hettche, Aisthesis Archiv 16, Bielefeld: Aisthesis Verlag, 2011. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Aisthesis Verlags

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deutscher Lyriker
* 2.2. 1864 - Meckenheim, Pfalz
21.8. 1938 - Schloß Patosfa bei Kaposvár, Königreich Ungarn
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