Gedichte von Michael Georg Conrad

Michael Georg Conrad

Michael Georg Conrad

deutscher Schriftsteller und Erzähler, Herausgeber
* 5.4. 1846 - Gnodstadt, Franken
20.12. 1927

Woche spricht in sieben Tagen,
mahnt zum Kämpfen, nicht zum Klagen,
spitz die Ohren halt den Mund,
stillstes Lauschen ist gesund.
In der Zeit der leiblich Not
achte doppelt geistig Brot!

Sonntag

Ob du an Gott glaubst?
Stolzes Menschlein, ach, wie nichtig!
Daß Gott an dich glaubt,
das allein ist wichtig,
damit dein ehrfüchtig erfülltes Leben
den Weltgeist zwingt, auf dich achtzugeben.

Montag

Den Freund ertragen,
den Feind erschlagen -
rettet´s dich je,
schaffst du selbst dir Plagen,
bist selbst in dir allen Elendes voll?
Zahl erst des eignen Unwerts Zoll!

Dienstag

Feinde? Sind´s nicht beste Freunde?
Wie oft schon dein Gewissen streunte,
Erbfeind zwingt´s zum rechten Wege,
Todfeind lockt´s aus dem Gehege
schlimmer Torheit Selbstgenügen.
Fort mit allen Lebenslügen!
Meister eigener Geistnatur,
sichre deines Herr´ntums Spur!
Feinde, Freunde, laß sie schmeicheln,
lügen, trügen, giftig speicheln,
du, in Seelenfestigkeit,
steh´ wie Fels im Kampf und Streit!

Mittwoch

Musik! Sie hilft aus vielen Nöten,
ob mit Trompeten, Geigen, Flöten.
Sing dir selbst eins, tanz dazu,
drückt dich noch so schlimm der Schuh -
Sphärenklänge aus selger Ferne -
tanz wie Gottes Himmelssterne!
Heilig sei ihr Rhythmus dir,
und im Notfall zähl drei vier -
Musik, mein Herz! Ach, laß uns springen,
aus Wirrnis Harmonie erzwingen!

Donnerstag

Nimm bösen Alltag nicht zu ernst,
vom Sauertopf nichts Süßes lernst.
Die Donnerer und Spektakelmacher,
selbst Übermenschen, Pazifisten,
sie wollen dich nur überlisten
und treiben mit der Tugend Schacher.
Laß Laffen läffeln, Affen äffeln,
Hunde hündeln, Mond ankläffen -
halt fest am frommen Menschentum,
veracht gemeinen Tagesruhm,
zieh deines Wegs in Fried hienieden,
genieße, was dir Gott beschieden!

Freitag

"Den Christus ans Kreuz und Barnabeas frei!"
Denk´ nicht, daß die Geschichte erfunden sei.
"Sein Blut über uns und Kindeskind!"
Die Worte in der Schrift verbürgt uns sind.
Schauerlich wie Blut und Blutgeruch
wittert durch Völker und Zeiten Pharisäerfluch.
Freiheit für Schächer, Schieber und Schinder,
Kreuze für Gott und Gotteskinder:
Jenseits von Gut und jenseits von Bös!
Von Sünd und Lästerung, Herr, uns erlös!

Samstag

Liebe heißt Dienst, noch in bescheidensten Grenzen,
drum bet´ und arbeit´, nicht um zu glänzen,
nicht um weltlicher Schätze willen,
deiner Seele ewige Sehnsucht sollst du stillen!
Dienstwillig frei! Ohne Trotz des Knechts,
ohne zu blinzeln nach links oder rechts,
so will Gottvater die Menschheit han,
tüchtig den Mann,
gebärfroh das Weib,
das Volkstum rein, reich, heilig bleib.
So mit Lieben und Dienen die Sele durchlichtet,
das Wochentagwerk bleibt wohl verrichtet.
Nun nahe, du Sonntag, Tag des Herrn,
aus Nacht und Dunkel bricht sieghell dein Stern!
Sieh, Morgenglanz hüllt unsere Heimat ein,
wir jauchzen ihr zu, trotz Trübsal und Pein!

Gedichte by Michael Georg Conrad
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