Die Liebe ging auf dunkler Bahn
Vom Monde nur erblickt,
Das Schattenreich war aufgetan
Und seltsam aufgeschmückt.

Ein blauer Dunst umschwebte sie
Mit einem goldnen Rand,
Und eilig zog die Phantasie
Sie über Strom und Land.

Es hob sich ihre volle Brust
In wunderbarem Mut;
Ein Vorgefühl der künft´gen Lust
Besprach die wilde Glut.

Die Sehnsucht klagt´ und wußt´ es nicht,
Daß Liebe näher kam,
Und tiefer grub in ihr Gesicht
Sich hoffnungsloser Gram.

Die kleine Schlange blieb getreu:
Sie wies nach Norden hin,
Und beide folgten sorgenfrei
Der schönen Führerin.

Die Liebe ging durch Wüstenein
Und durch der Wolken Land,
Trat in den Hof des Mondes ein
Die Tochter an der Hand.

Er saß auf einem Silberthron,
Allein mit seinem Harm;
Da hört´ er eines Kindes Ton,
Und sank in ihren Arm.

Novalis

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deutscher Dichter
* 2.5. 1772 - Schloss Oberwiederstedt
25.3. 1801 - Weißenfels
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