Wenn ich tot bin, sollst du mein Gedächtnis feiern,
froh mit Liedern und mit frischen Blumen,
froh mit tausend seligen Gedanken,
nur nicht weinen sollst du, nur nicht traurig sein,
froh sein, daß ein Irrender den Hafen,
dass ein Leidender den Frieden
und ein Suchender die Ruhe fand.

Wenn sie kommen, die mich schmähen wollen –
Und sie kommen, jetzt schon seh ich
dumpfen Trittes sie zur Urne ziehn,
wenn sie Steine dann auf meine Asche häufen,
Stein um Stein, bis sich ein Hügel wölbte,
leide nicht, – und lächle hellen Auges,
singe Lieder, die den Frühling feiern,
streue Blumen, die den Sommer krönen,
teile Früchte aus, die dir der Herbst gegeben.

Sieh die Wege, die ich ging, sie waren vorgezeichnet,
und ein Höheres schützt mich, das ich selbst nicht weiß,
und das mich ehren wird, bin ich ihm treu gewesen,
und war ich untreu, ewig meine Spur verlöscht.
Kommt der Winter dann, Geliebte, sollst du träumen,
Träume, die in meiner Seele glühten,
da mein Leben all ein starrer Frost war.

Wenn ich tot bin, sollst du mein Gedächtnis feiern,
und in Liedern will ich und in Blumen leben,
in der Menge Wüten und Verachtung –
und in deinen Träumen, wenn ich schlafe!

Wilhelm Holzamer

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deutscher Schriftsteller und Literatur-Rezensent
* 28.3. 1871 - Nieder-Olm bei Mainz
† 1907 - Berlin
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