Meine Mutter, die braune Zigeunerin,
Saß nachts am Kohlenbrand,
Da trat ein Jäger zu ihr hin
Und nahm sie bei der Hand.

Er zog sie tief im Waldesgrund
Ins rote Heidekraut
Und küßte ihr die Lippen wund,
Bis früh der Morgen graut.

Sobald der Wind so feucht und kühl
Ihm durch die Locken strich,
Da sprang er auf vom weichen Pfühl
Und wandt zum Scheiden sich.

O Jäger, sprich, an wessen Brust,
Hab ich die Sommernacht
Heißblütig in liebtrunkner Lust
Mit feuchtem Aug verbracht?

"Neugierig Weib, was fragst du mich,
Woher, wohin ich zieh?
Ein wilder Jäger liebte dich,
Der kehrt zurück dir nie."

Ein Rothirsch setzte jach daher,
Die Meute hinterdrein.
Schnell griff der Jäger zum Gewehr
Und sprang zum Wald hinein.

Das Feuer auf dem Lagerherd
War über Nacht verglüht.
Das Feuer, das im Herzen zehrt,
Verbrannt ihr schwarz Geblüt.

Meine Mutter trug im Schoß davon
Von dieser Nacht ein Kind.
Ich bin des wilden Jägers Sohn,
Mein Vater ist der Wind.

Heinrich von Reder
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