Mutter, löse die Spangen mir!Mich hat ein Fieber befallen,Denn das Fenster ließest du auf,Das immer sorglich verhängte.Und im Garten ich Mädchen sah,Die warfen Ringe im Kreise,Flatternd selber, ein Blütenschnee,Vom leichten Winde getragen.Immer flöten nun Stimmen mir,Und immer Spiegel mir flirren,Blind geworden bin ich schon ganz,Taub wer´ ich nächstens werden.Mutter, löse die Spangen mir!Mich hat ein Fieber befallen.
O fünfzehn Jahre, lange öde Zeit!Wie sind die Bäume jetzt so starr und breit!Der Hütte Tür vermocht´ ich kaum zu regen,Da schoß mir Staub und wüst Gebrüll entgegen,Und an dem blanken Gartensaale drüben,Da steht ´ne schlanke Maid mit ihrem Lieben,Die schaun sich lächelnd in der Seele Grund,In ihren braunen Locken rollt der Wind:Gott segne dich, du bist geliebt, mein Kind,Bist fröhlich und gesund!
Kein Wort, und wär es scharf wie Stahles Klinge, soll trennen, was in tausend Fäden eins, so mächtig kein Gedanke, daß er dringe in den Becher reinen Weins. Das Leben ist so kurz, das Glück so selten, so großes Kleinod, einmal sein statt gelten!
Oh schaurig ist´s übers Moor zu gehn,Wenn es wimmelt vom Heiderauche,Sich wie Phantome die Dünste drehnUnd die Ranke häkelt am Strauche,Unter jedem Tritte ein Quellchen springt,Wenn aus der Spalte es zischt und singt,O schaurig ist´s übers Moor zu gehn,Wenn das Röhricht knistert im Hauche!Fest hält die Fibel das zitternde KindUnd rennt, als ob mann es jage;Hohl über die Fläche sauset der Wind -Was raschelt drüben am Hage?Das ist der gespenstische Gräberknecht,Der dem Meister die besten Torfe verzecht;Hu, hu, es bricht wie ein irres Rind!Hinducket das Knäblein zage.Vom Ufer starret Gestumpf hervor,Unheimlich nicket die Föhre,Der Knabe rennt, gespannt das Ohr,Durch Riesenhalme wie Speere;Und wie es rieselt und knittert darin!Das ist die unselige Spinnerin,Das ist die gebannte Spinnlenor´,Die den Haspel dreht im Geröhre!Voran, voran! nur immer im Lauf,Voran, als woll es ihn holen!Vor seinem Fuße brodelt es auf,Es pfeift ihm unter den SohlenWie eine gespenstische Melodei;Das ist der Geigemann ungetreu,Das ist der diebische Fiedler Kanuf,Der den Hochzeitheller gestohlen!Da birst das Moor, ein Seufzer gehtHervor aus der klaffenden Höhle;Weh, weh, da ruft die verdammte Margret:"Ho, ho, meine arme Seele!"Der Knabe springt wie ein wundes Reh;Wär´ nicht Schutzengel in seiner Näh´,Seine bleichenden Knöchelchen fände spätEin Gräber im Moorgeschwele.Da mählich gründet der Boden sich,Und drüben, neben der Weide,Die Lampe flimmert so heimatlich,Der Knabe steht an der Scheide.Tief atmet er auf, zum Moor zurückNoch immer wirft er den scheuen Blick:Ja, im Geröhre war´s fürchterlich,O schaurig war´s in der Heide!
Geliebte, wenn mein Geist geschieden, So weint mir keine Träne nach; Denn, wo ich weile, dort ist Frieden, Dort leuchtet mir ein ewger Tag! Wo aller Erdengram verschwunden, Soll euer Bild mir nicht vergehn, Und Linderung für eure Wunden, Für euern Schmerz will ich erflehn. Weht nächtlich seine Seraphsflügel Der Friede übers Weltenreich, So denkt nicht mehr an meinen Hügel, Denn von den Sternen grüß ich Euch!
Vom Grabe ist der Herr erstandenund grüßet, die da sein.Und wir sind frei von Tod und Bandenund von der Sünde Moder rein.Ich soll mich freun an diesem Tage.Ich freue mich, mein Jesu Christ.Und wenn im Aug´ ich Tränen trage,du weißt doch, daß es Freude ist.
Das Hirtenfeuer Dunkel, Dunkel im Moor,Über der Heide Nacht,Nur das rieselnde RohrNeben der Mühle wacht,Und an des Rades SpeichenSchwellende Tropfen schleichen. Unke kauert im Sumpf,Igel im Grase duckt,In dem modernden StumpfSchlafend die Kröte zuckt,Und am sandigen HangeRollt sich fester die Schlange. Was glimmt dort hinterm Ginster,Und bildet lichte Scheiben?Nun wirft es Funkenflinster,Die löschend niederstäuben;Nun wieder alles dunkel -Ich hör´ des Stahles Picken,Ein Knistern, ein Gefunkel,Und auf die Flammen zücken. Und Hirtenbuben hockenIm Kreis´ umher, sie streckenDie Hände, Torfes BrockenSeh´ ich die Lohe lecken;Da bricht ein starker KnabeAus des Gestrüppes Windel,Und schleifet nach im TrabeEin wüst Wacholderbündel. Er läßt´s am Feuer kippen -Hei, wie die Buben johlen,Und mit den Fingern schnippenDie Funken-Girandolen!Wie ihre ZipfelmützenAm Ohre lustig flattern,Und wie die Nadeln spritzen,Und wie die Äste knattern! Die Flamme sinkt, sie hockenAufs Neu´ umher im Kreise,Und wieder fliegen Brocken,Und wieder schwehlt es leise;Glührote Lichter streichenAn Haarbusch und Gesichte,Und schier Dämonen gleichenDie kleinen Heidewichte. Der da, der Unbeschuhte,Was streckt er in das DunkelDen Arm wie eine Rute?Im Kreise welch Gemunkel?Sie spähn wie junge GeierVon ihrer Ginsterschütte:Hah, noch ein Hirtenfeuer,Recht an des Dammes Mitte! Man sieht es eben steigenUnd seine Schimmer breiten,Den wirren FunkenreigenÜbern Wacholder gleiten;Die Buben flüstern leise,Sie räuspern ihre Kehlen,Und alte HeideweiseVerzittert durch die Schmehlen. »Helo, heloe!Heloe, loe!Komm du auf unsre Heide,Wo ich meine Schäflein weide,Komm, o komm in unser Bruch,Da gibt´s der Blümelein genug, -Helo, heloe!« Die Knaben schweigen, lauschen nach dem Tann,Und leise durch den Ginster zieht´s heran: »Helo, heloe!Ich sitze auf dem Walle,Meine Schäflein schlafen alle,Komm, o komm in unsern Kamp,Da wächst das Gras wie Brahm so lang! -Helo, heloe!Heloe, loe!«
´S gibt Gräber, wo die Klage schweigt,Und nur das Herz von innen blutet,Kein Tropfen in die Wimpern steigt,Und doch die Lava drinnen flutet;´S gibt Gräber. die wie MitternachtAn unserm Horizonte stehn,Und alles Leben niederhalten,Und doch, wenn Abendrot erwacht,Mit ihren goldnen Flügeln wehn,Wie milde Seraphimgestalten.Zu heilig sind sie für das Lied,Und mächt´ge Redner doch vor allen,Sie nennen dir, was nimmer schied,Was nie und nimmer kann zerfallen;O, wenn dich Zweifel drückt herab,Und möchtest atmen Ätherluft,Und möchtest schauen Seraphsflügel,Dann tritt an deines Vaters Grab!Dann tritt an deines Bruders Gruft!Dann tritt an deines Kindes Hügel!
Meine Lieder sandte ich dir,Meines Herzens strömende Quellen,Deine Locke sandtest du mir,Deines Hauptes ringelnde Wellen;Hauptes Welle und Herzens Flut,Sie zogen einander vorüber.Haben sie nicht im Kusse geruht?Schoß nicht ein Leuchten darüber?