Wo eine Tugend an der Brust der andern,Und wo der Gram ans Herz der Liebe fällt,Da laß uns heiliger vorüberwandern,Da feiert eine Engelwelt.Sei hochbeseligt oder leide:Das Herz bedarf ein zweites Herz;Geteilte Freud´ ist doppelt Freude,Geteilter Schmerz, ist halber Schmerz.
Nicht des Beifalls arme Gaben,Gottes Blick und dein GefühlTragen dein Gemüt erhabenÜber dieses Weltgewühl.Sei´s daß dir das Lob verstumme:Lob verweht und Weihrauch stäubt;Nur das Gute, nur die SummeDeiner beßren Taten bleibt.
Fiel ein Herz im DrangeZwischen Reiz und Pflicht:Mensch, o richte nicht!Weißt du, welchem Zwange,Welchem UnglückstagSolch ein Herz erlag?
Laß die Winde stürmenAuf des Lebens BahnOb sie Wogen türmenGegen deinen Kahn,Schiffe ruhig weiter,Wenn der Mast auch bricht,Gott ist dein Begleiter,Er vergißt dich nicht.
Und daß schon hier, im Reich der Sinne,Die junge Paradieseswelt beginne,Ward unserm Geist ein Wesen zugestellt,Aus Geist und Sinnlichkeit geboren:Die Phantasie ward auserkoren,Zu öffnen uns die reiche Wunderwelt.
Die Einsamkeit erzieht die PflanzeDes höheren Lebens im Gemüth,Den zarten Keim, der in dem GlanzeVon andern Sonnen heller blüht.Sie sammelt uns in ihrem Schatten,Wenn wir, verlockt durch Trug und Schein,Uns von uns selbst verloren hattenUnd führet uns in uns hinein.
Das Leben ist ein Instrument,Von Gott uns in die Hand gegeben;Von ihm zur Wahrheit und VerstandGanz rein gestimmt, nur HarmonienFür Geist und Herz daraus zu ziehen,Das überließ er uns´rer Hand.
»So kommt denn«, fragst du, »nimmer weiterDas arme menschliche Geschlecht?So haben denn die edlen StreiterUmsonst gekämpft für Licht und Recht?« –Wir kommen weiter, trotz den Mängeln,Trotz allem, was uns täuscht und irrt,Ob auch ein Paradies von EngelnDie Erde nie erzeugen wird.Die Sonne wird, nach tausend Jahren,Wie heute, schwache Menschen sehn;Auch werden immer aus den ScharenHervor erhabne Seelen gehn,Die unverletzlich die GefahrenDer Zeitenpestilenz bestehn.Die sind der Menschheit Licht und Leiter;Vor ihnen wird es hell und klar;Sie schreiten vor durch die GefahrUnd führen Menschenseelen weiter.Ein sieggewisser GöttermutBezeichnet leuchtend diese Hohen;Sie sind die heiligen HeroenAuf denen Gottes Vollmacht ruht.Fern von des Lebens Wirbelkreisen,Und aus den Stürmen seiner ZeitTief in die Ruh der EinsamkeitHineinzuflüchten, ziemt dem Weisen,Der gern mit seinem Herzen spricht;Nur sich und Schätze seiner GabenIn ihrem Schoße zu begraben,Verhüllend das verliehne Licht,Wie die verkehrten Tugendhaften,Die heiligen Halbgötterschaften, Das ziemt dem weisen Manne nicht!
Nicht der Mensch soll, Gott will richten,Will die Spreu vom Korne sichten;Nur verzeih´n ist Menschenpflicht.Gott durchschaut das Herz. Er walte;Doch du, Menschenseele, halteRedlich mit dir selbst Gericht.