In der Altstadt, die nur so heißt,– denn, wo einst Winkelgäßchen gekauert,dünstig vom Mittelalter umschauert,dehnen Zinshausstraßen sich dreist, –Eine Oase, die jedes Aug´ preist:Uralte Bäume, ein Garten ummauert,haben Jahrhunderte überdauertbei der Kapelle zum heiligen Geist.Aus dem Rasen – fern Stadtlärm und Hast!ragen verstreut zu der Bäume Füßenschräge Steinplatten, grau und bemoost.Gern hält Liebe hier Abendrast;die fühlt hier dankbar des Lebens Grüßen,ahnt nicht, daß sie auf Friedhofsgrund kost.
An Tagen, da der Schwermut breite SchwingenOb meiner Seele eb´nen Planen schweben,Beugt sich der Stamm des Lebensbaums zur Erde.Aus solcher Zeit trägt meine Stirne FurchenUnd tief´re Narben mein empfindsam Herz,Als aus dem Schlachtgetös´ des thätigen Lebens.An solchen Tagen weiß ich mit Entsetzen,Daß alle Kunst nur Spiel und Thorheit ist,Den Greisenblick zum Kindesblick zu fälschen;Daß nie das Rauschen eines HeldenliedsAus Memmen Helden schuf; daß Bösewichter,Im Schauspielhause vor der Szene sitzend,Des falschen Pathos lächeln, das sie feiert;Daß dieser Dirne Lachen Eva lachte,Und Kain, der vor Millionen dunklen JahrenDen Bruder Abel schlug, noch lebt und haßt.An solchen Tagen bin ich ohne HoffnungUnd flüchte mich zum Lied, wie oft im KriegeIn Gärten das Entscheidungsmorden wütet.Heut´ aber, da der Schwermut SchwingenschlagVon fernher meiner Seele Halme beugt,Heut´ lad´ ich dich, die du voll Sonne bist,Zu mir ins Haus: bring´ mir die Sonne mit.Noch lechzt mein Herz nach Licht. Kommst du zu spät,So liegt mein Haus in Nacht. Kommst du zur Zeit,So wollen wir die Krüge roten WeinsMit Rosen kränzen. Aber spute dich !Ich war zu lang´ allein: die EinsamkeitSchreit schon nach ihrer Schwester, nach der Schwermut.
Nach dem Rausche dieser Stunden,Dieser seligen Sekunden,Dem Verflackern meiner Glut:Sänftigt sich des Herzens Klopfen,Und es fällt ein dunkler TropfenReue in mein rotes Blut…
Nun sind ihrer selbst noch die Tage nicht sicherUnd wissen vor Zweifel nicht aus noch ein:Ist dieser Glanz noch ein winterlicher,Oder schon Frühlingssonnenschein?Nun decken sie selbst noch mit nebelfeuchtenSchleiern die Glut ihrer Morgen zuUnd ihrer Abende zärtliches Leuchten,Und sind voll Unrast und ohne Ruh.Indes macht die Erde sich gar keine SorgenUnd ist nur in aller Stille bedacht,Und rüstet froh für den einen Morgen,Da alles blüht und duftet und lacht…
Das Märchen vom Glück, das ich euch sag´,Dauert gerad´ einen Herzensschlag;Dürft drum mein Märchen nicht töricht schelten,So tief ihr´s faßt, so tief wird´s euch gelten!Und dies ist mein Märchen: Das echte GlückBleibt nur gerad´ einen Augenblick.Einmal hat´s einer am Ärmel genommenUnd hielt´s gefangen in seinem Haus,Da hat es grau-graue Haare bekommen;Und wie das Glück graue Haare bekommen,Da sah es genau wie das Unglück aus …Mein Märchen, es dauert so lang´ wie das Glück:Einen Herzensschlag; einen Augenblick.
Der Abend war selbst wie ein Wunder der Liebe,Sie gingen umschlungen und stumm vor LiebeAus den Feldern dem träumenden Dorfe zu.Sie lehnte sich wärmer an ihn. Sie sagte,So still, als wenn der Abendwind klagte:"Im Korn, das war doch eine Sünde, du!"Er löst seine Hand und Wange von Wange:"Und nennst dus Sünde, daß ich dich umfange,So liebst du mich nicht und liebst mich nicht!"Da schaut sie empor zu dem Zornigen, WildenUnd sieht mit erschrockenen, hilflosen, mildenAugen dem Liebsten ins Angesicht,Und lächelt in Tränen und löst die bleichen,Bebenden Lippen und sagt mit weichenWorten zum Liebsten: "Das sagst du mir?"Und schlingt den Arm um den trotzigen Knaben:"Daß wir das Korn so zerbrochen haben,Das war eine Sünde. Das sag´ ich dir."
Mich führt allmorgen mein AndachtsgangDurch die leuchtenden Wiesen zum BaumAm Saum des Walds zu der einsamen Bank,Sie steht dort als wie im Traum.Waldboden, schattig, doch sonnfleckenhell,Du bist hier noch schimmernde Au,Waldanfang und -Ende durchmurmelt vom Quell,Dem Auge seligste Schau.O Grün der Wiesen, o Grün des Walds,Bin ich denn wert euch zu sehn?Schweig! rauscht der Wald, lausch uns, so schallt´s,Dann wird dir das Wunder geschehn!Da kam den sonnigen WiesenpfadEin Weib aus dem Volke daher,Bekreuzt sich, da sie den Wald betratAls ob er die Kirche wär!So trat sie ins Waldesrauschen hinein.Doch ich hab´ am Waldsaum gekniet:Du Wiese und Wald, ihr macht mich noch rein!Eine Träne fällt mir vom Lid …