Ich will den Schatten einziger Geschicke Groß an den Boden der Gedichte legen, Der jungen Helden ungeheure Blicke Und andre Götter, die den Sinn bewegen: Dann sollst du über ihren Rand dich neigen Und völlig hingegeben jenen Werken Spät nur dein gleitend Bild darin bemerken Mit einem wundervoll erschrocknen Schweigen.
Lieber Gott und Engelein,Laßt mich gut und fromm seinUnd laßt mir mein HemdleinRecht bald werden viel zu klein.Laßt mich immer weiter gehn,Viele gute Menschen sehn,Wie sie aus den Augen sehn,Laßt sogleich mich sie verstehn.Und mit ihnen fort und fortFreuen mich an gutem Ort,Und zur Zeit der EinsamkeitGibt, daß Sternenglanz mich freut.
Werden zu doppelter Lust nun doppelte Tage geboren? Ehe der eine versank, steigt schon der neue herauf! Herrlich in Salben und Glanz, gedächtnislos wie ein Halbgott, Deckt er mir Gärten und See zu mit erstarrendem Prunk. Und der vertrauliche Baum wird fremd, fremd funkelt der Springbrunn, Fremde und dunkle Gewalt drängt sich von außen in mich. Sind dies die Büsche, darin die bunten Gedanken genistet? Kaum mehr erkenn ich die Bank! Die ists? Die lauernde hier? Aber sie ists, denn im Netz der fleißigen, winzigen Spinne Hängt noch der schimmernde Punkt! Komm ich mir selber zurück? Als dein Brief heut kam – ich riß mit zu hastigen Fingern Ungeduldig ihn auf –, flogen die Teilchen hinweg Von dem zerrissenen Rand: sie sprühten wie Tropfen dem Trinker, Wenn er zum Springbrunn sich drängt, um den verdürsteten Mund! Ja, jetzt drängt sichs heran und kommt übers Wassers geschwommen, Hebt sich mit lieblichem Arm rings aus dem Dunkel zu mir: Wie ein Entzauberter atme ich nun, und erst recht nun verzaubert, Und in der starrenden Nacht halt ich den Schlüssel des Glücks!
Den Erben laß verschwenden An Adler, Lamm und Pfau Das Salböl aus den Händen Der toten alten Frau! Die Toten, die entgleiten, Die Wipfel in dem Weiten Ihm sind sie wie das Schreiten Der Tänzerinnen wert!Er geht wie den kein Walten Vom Rücken her bedroht. Er lächelt, wenn die Falten Des Lebens flüstern: Tod! Ihm bietet jede Stelle Geheimnisvoll die Schwelle; Es gibt sich jeder Welle Der Heimatlose hin.Der Schwarm von wilden Bienen Nimmt seine Seele mit; Das Singen von Delphinen Beflügelt seinen Schritt: Ihn tragen alle Erden Mit mächtigen Gebärden. Der Flüsse Dunkelwerden Begrenzt den Hirtentag!Das Salböl aus den Händen Der toten alten Frau Laß lächelnd ihn verschwenden An Adler, Lamm und Pfau: Er lächelt der Gefährten. – Die schwebend unbeschwerten Abgründe und die Gärten Des Lebens tragen ihn.
Leben, Traum und Tod ... Wie die Fackel loht! Wie die Erzquadrigen Über Brücken fliegen, Wie es drunten saust, An die Bäume braust, Die an steilen Ufern hängen, Schwarze Riesenwipfel aufwärts drängen ... Leben, Traum und Tod ... Leise treibt das Boot ... Grüne Uferbänke Feucht im Abendrot, Stiller Pferde Tränke, Herrenloser Pferde ... Leise treibt das Boot ... Treibt am Park vorbei, Rote Blumen, Mai ... In der Laube wer? Sag, wer schläft im Gras? Gelb Haar, Lippen rot? Leben, Traum und Tod.
Am nächtigen Himmel Ein Drängen und Dehnen, Wolkengewimmel In hastigem Sehnen, In lautloser Hast – Von welchem Zug Gebietend erfaßt? – Gleitet ihr Flug, Es schwankt gigantisch Im Mondesglanz Auf meiner Seele Ihr Schattentanz, Wogende Bilder, Kaum noch begonnen, Wachsen sie wilder, Sind sie zerronnen, Ein loses Schweifen ... Ein Halb-Verstehn ... Ein Flüchtig-Ergreifen ... Ein Weiterwehn ... Ein lautloses Gleiten, Ledig der Schwere, Durch aller Weiten Blauende Leere.
Merkst du denn nicht, wie meine Lippen beben?Kannst du nicht lesen diese bleichen Züge,Nicht fühlen, daß mein Lächeln Qual und Lüge,Wenn meine Blicke forschend dich umschweben?Sehnst du dich nicht nach einem Hauch von Leben,Nach einem heißen Arm, dich fortzutragenAus diesem Sumpf von öden, leeren Tagen,Um den die bleichen, irren Lichter weben?So las ich falsch in deinem Aug, dem tiefen?Kein heimlich Sehnen sah ich heiß dort funkeln?Es birgt zu deiner Seele keine PforteDein feuchter Blick? Die Wünsche, die dort schliefen,Wie stille Rosen in der Flut, der dunkeln,Sind, wie dein Plaudern: seellos ... Worte, Worte?
Und es fragen mich die Leute:»Sag, wie kommts, daß deine LiederSo das Gestern wie das HeuteSpiegeln tausendtönig wieder?Wenn nur einer Stunde BebenSie beseelet und entzündet,Sag, wie kommts, daß all dein LebenBunt und seltsam in sie mündet,All dein Grübeln und dein TräumenIn die Töneflut sich schlinget,Der Gedanken wechselnd SchäumenDumpf durch deine Lieder klinget?«Und ich sage: »Seht, es gleichenMeine Lieder jenen Blüten,Die ja auch in einer weichen,Heißen, einzgen Nacht erblühten,Und im Kelche dennoch tragenEines ganzen Lebens Währen:Sonne von versunknen Tagen,Ferner Frühlingsnächte Gären.«
Die Sturmnacht hat uns vermählt In Brausen und Toben und Bangen: Was unsre Seelen sich lange verhehlt, Da ist´s uns aufgegangen. Ich las so tief in deinem Blick Beim Strahl vom Wetterleuchten: Ich las darin mein flammend Glück, In seinem Glanz, dem feuchten. Es warf der Wind dein duft´ges Haar Mir spielend um Stirn und Wangen, Es flüsterte lockend die Wellenschar Von heißem tiefem Verlangen. Die Lippen waren sich so nah, Ich hielt dich fest umschlungen; Mein Werben und dein stammelnd Ja, Die hat der Wind verschlungen ...
Trübem Dunst entquillt die Sonne,Zähen grauen Wolkenfetzen . . .Häßlich ist mein Boot geworden,Alt und morsch mit wirren Netzen.Gleichgetöntes WellenplätschernSchlägt den Kiel (er schaukelt träge),Und die Flut mit Schaum und FleckenZeichnet noch die Spur der Wege.Ferne vor dem trüben HimmelSchweben graziöse Schatten– Helles Lachen schallt herüber –,Gleiten Gondeln flink, die glatten.Fackeln haben sie und FlötenUnd auf Polstern: Blumen, Frauen . . .Langsam tauchen sie mir unterIn dem Dunst, dem schweren, grauen . . .Stürme schlafen dort im Dunst:Kämen sie noch heute abendZiehend auf die glatte Öde,Wellentreibend, brausend, labend!