Mache, daß ich so fest vereinigt werde mit Dir:Wie ein Siegel mit dem Briefe, daß, wenn man das Siegelherunterhaben will, man den Brief mit zerreißen muß;daß, wenn ich von Dir getrennt werden sollte,man uns eben zerreißen müßte,daß uns auch kein Todesbann ewiglich mehr trennen kann.So setze mich einmal auf Dein Herz!So nimm mich auf Deinen Arm!Umfasse mich nicht nur, sondern halte mich!Grabe dich ein! Bleibe hängen!Laß mich nicht wieder los!
Ich will den Schatten einziger Geschicke Groß an den Boden der Gedichte legen, Der jungen Helden ungeheure Blicke Und andre Götter, die den Sinn bewegen: Dann sollst du über ihren Rand dich neigen Und völlig hingegeben jenen Werken Spät nur dein gleitend Bild darin bemerken Mit einem wundervoll erschrocknen Schweigen.
Merkst du denn nicht, wie meine Lippen beben?Kannst du nicht lesen diese bleichen Züge,Nicht fühlen, daß mein Lächeln Qual und Lüge,Wenn meine Blicke forschend dich umschweben?Sehnst du dich nicht nach einem Hauch von Leben,Nach einem heißen Arm, dich fortzutragenAus diesem Sumpf von öden, leeren Tagen,Um den die bleichen, irren Lichter weben?So las ich falsch in deinem Aug, dem tiefen?Kein heimlich Sehnen sah ich heiß dort funkeln?Es birgt zu deiner Seele keine PforteDein feuchter Blick? Die Wünsche, die dort schliefen,Wie stille Rosen in der Flut, der dunkeln,Sind, wie dein Plaudern: seellos ... Worte, Worte?
Der tiefe Brunnen weiß es wohl, Einst waren alle tief und stumm, Und alle wußten drum. Wie Zauberworte, nachgelallt Und nicht begriffen in den Grund, So geht es jetzt von Mund zu Mund. Der tiefe Brunnen weiß es wohl; In den gebückt, begriffs ein Mann, Begriff es und verlor es dann. Und redet´ irr und sang ein Lied – Auf dessen dunklen Spiegel bückt Sich einst ein Kind und wird entrückt. Und wächst und weiß nichts von sich selbst Und wird ein Weib, das einer liebt Und – wunderbar wie Liebe gibt! Wie Liebe tiefe Kunde gibt! – Da wird an Dinge, dumpf geahnt, In ihren Küssen tief gemahnt ... In unsern Worten liegt es drin, So tritt des Bettlers Fuß den Kies, Der eines Edelsteins Verlies. Der tiefe Brunnen weiß es wohl, Einst aber wußten alle drum, Nun zuckt im Kreis ein Traum herum.
WeihnachtsgeläuteIm nächtigen Wind ...Wer weiß, wo heuteDie Glocken sind,Die Töne von damals sind?Die lebenden TöneVerflogener Jahr Mit kindischer SchöneUnd duftendem Haar,Mit tannenduftigem Haar,Mit Lippen und LockenVon Träumen schwer? ...Und wo kommen die GlockenVon heute her,Die wandernden heute her?Die kommenden Tage,Die wehn da vorbei.Wer hörts, ob Klage,Ob lachender Mai,Ob blühender, glühender Mai? ...
Manche freilich müssen drunten sterben,Wo die schweren Ruder der Schiffe streifen,Andre wohnen bei dem Steuer droben,Kennen Vogelflug und die Länder der Sterne.Manche liegen immer mit schweren GliedernBei den Wurzeln des verworrenen Lebens,Andern sind die Stühle gerichtetBei den Sibyllen, den Königinnen,Und da sitzen sie wie zu Hause,Leichten Hauptes und leichter Hände.Doch ein Schatten fällt von jenen LebenIn die anderen Leben hinüber,Und die leichten sind an die schwerenWie an Luft und Erde gebunden:Ganz vergessener Völker MüdigkeitenKann ich nicht abtun von meinen Lidern,Noch weghalten von der erschrockenen SeeleStummes Niederfallen ferner Sterne.Viele Geschicke weben neben dem meinen,Durcheinander spielt sie alle das Dasein,Und mein Teil ist mehr als dieses LebensSchlanke Flamme oder schmale Leier.
Ich kann so gut verstehen, die ungetreuen Frauen,So gut, mir ist, als könnt ich in ihre Seelen schauen.Ich seh um ihre Stirnen die stumme Klage schweben,Die Qual am langen, leeren, am lebenleeren Leben.Ich seh in ihren Augen die Lust, sich aufzugeben,Im Unergründlichen, Verbotenen zu bebenDie Lust am Spiel, die Lust, das Letzte einzusetzen,Die Lust am Sieg und Rausch, am Trügen und Verletzen.Ich seh ihr Lächeln und die heimlichen, die Tränen,Das rätselhafte Suchen, das ruhelose Sehnen.Ich fühle, wie sies drängt zu törichten Entschlüssen,Wie sie ihre Augen schließen und sich quälen müssen;Wie sie für jedes Morgen ein jedes Heut begraben,Und wie sie nicht verstehen, wenn sie getötet haben.
Wir sind aus solchem Zeug wie das zu Träumen, Und Träume schlagen so die Augen auf, Wie kleine Kinder unter Kirschenbäumen, Aus deren Krone den blassgoldnen Lauf Der Vollmond anhebt durch die grosse Nacht. Nicht anders tauchen unsre Träume auf. Sind da und leben, wie ein Kind, das lacht, Nicht minder gross im Auf- und Niederschweben Als Vollmond, aus Baumkronen aufgewacht. Das Innerste ist offen ihrem Weben, Wie Geisterhände im versperrten Raum Sind sie in uns und haben immer Leben. Und drei sind eins: ein Mensch, ein Ding, ein Traum.
Fühlst Du durch die Winternacht Durch der kalten Sternlein Zittern Durch der Eiskristalle Pracht Wie sie flimmern und zersplittern, Fühlst nicht nahen laue Mahnung, Keimen leise Frühlingsahnung? Drunten schläft der Frühlingsmorgen Quillt in gährenden Gewalten Und, ob heute noch verborgen, Sprengt er rings das Eis in Spalten: Und in wirbelnd lauem Wehen Braust er denen, die´s verstehen. Hörst Du aus der Worte Hall, Wie sie kühn und trotzig klettern Und mit jugendlichem Prall Klirrend eine Welt zerschmettern: Hörst Du nicht die leise Mahnung, Warmen Lebensfrühlings Ahnung?
Siehst du die Stadt, wie sie da drüben ruht,Sich flüsternd schmieget in das Kleid der Nacht?Es gießt der Mond der Silberseide FlutAuf sie herab in zauberischer Pracht.Der laue Nachtwind weht ihr Atmen her,So geisterhaft, verlöschend leisen Klang:Sie weint im Traum, sie atmet tief und schwer,Sie lispelt, rätselvoll, verlockend bang ...Die dunkle Stadt, sie schläft im Herzen meinMit Glanz und Glut, mit qualvoll bunter Pracht:Doch schmeichelnd schwebt um dich ihr Widerschein,Gedämpft zum Flüstern, gleitend durch die Nacht.