Die Fenster stehen sommerheißUnd müssen den Stunden nachsehen,Die draußen vorübergehen.Der Stunden Füße sind leis´.Durch die stillen Fenster im HausSieht die Zeit herein und hinaus,Und nur der Verliebte weiß:Nichts weiter wird geschehen,Wie die Zeiten sich auch drehen,Alles Blut geht im Kreis,Und rund um die Lieb´ geht der Stunden Reis´.
Sommermonde machen Stroh aus Erde,Die Kastanienblätter wurden ungeheuer von Gebärde,Und die kühnen Bäume stehen nicht mehr auf dem Boden,Drehen sich in Lüften her gleich den grünen Drachen.Blumen nahen sich mit großen Köpfen und scharlachen,Blau und grün und gelb ist das Gartenbeet, hell zum Greifen,Als ob grell mit Pfauenschweifen ein Komet vorüberweht.Und mein Blut, das atemlos bei den sieben Farbenstreifen stille steht,Fragt sich: wenn die Blum´, Baum und Felder sich verschieben,Ob zwei Menschen, wenn die Welt vergeht,Zweie, die sich lieben, nicht von allen Wundern übrig blieben.
Die Sehnsucht peitscht mit scharfem Dorn,Sie reitet mich wildUnd gibt mir den Sporn,Und ob mein Herz streitet,Sie macht mir die Hände zu Hufen aus HornUnd rennt mit mir durch die Wände.Die Sehnsucht, sie ist wie Salz im Meer,Die Zunge wird mir bitter,Und Durst klebt schwerIn Gaumen und Brust.Und wie der Schaum auf Wellen lebt,So mir die Sehnsucht am Munde schwebt.Wie Wellen, die sich erdrücken müssen,Erdrücken sich meine verlassenen LippenIn Sehnsucht nach deinen Küssen.
Rühr´ im Schlaf an deine Wangen,Hangen Tropfen an den Kissen,Du und ich allein nur wissen:Unser Sehnen hat vereintHeiß sich in den Schlaf geweint.Ach, mein Herz wie´s liebt und leidet!Spür es leis als Mond verkleidetWeiß an deiner Tür.Sehnsucht muß mit hellen HändenNoch im Schlaf dein Zimmer blenden,Und die blanken Scheiben schickenBlicke, die tags dunkel bleiben;Wo sie ungesehen fielen,Steigen Lichter aus den Dielen. Schweigen müssen Uhr und Zeit,Sehnsucht spielt auf blauen Geigen,Und wie einst auf MärzenauenWerden Balken in den RäumenWieder kühn zu Knospenbäumen.Und auch taut im Mond wie EisLautlos deines Spiegels Glas,Will mir Heimlichkeiten zeigen,Die der Spiegel nie vergaß,Er, der zärtliche Vertraute,Der nur lebt von deinen AugenUnd in deine Sehnsucht schaute.Dicht an deinen weißen WangenWill ich deinen Atem fangen.Was die Scham mir nicht gestand,Küß ich aus dem Schlaf der kleinen, zagen, zahmen Hand.Rötet Morgen sich im Land,Auf dem roten Dach der WeltTötet sich der Mond gelassen;Und wer ahnt in lauten Gassen,Daß, wo Sehnsucht hingestellt,Sich noch nachts das Pflaster hellt,Und mein Herz, als Mond verkleidet,Nächtlich blinde Wünsche weidet.
Die Nacht macht alle Bäume gleich,Sie stehen wie die dunklen MauernVon einem unterirdischen ReichUnd wie Gestalten, die am Wege kauern.Doch ihre Frühlingsgeister halten mit dir Schritt.Sie senden Blütenrauch im Dunkeln herUnd gehen abwechselnd am Wege mit,Und sie verlassen dich nur schwer.Nie sind der Frühlingsnacht die Wege leer.
Ach, nur die Lieder unserer Stunden,Leg ich als den Entgelt dir hinFür deine Lieb´, der täglich wiederIch neue Lieder schuldig bin.Ich bin der Reichste von den Reichen,So lang es deinem Blut gefälltUnd kann die Schuld doch nie begleichen,Und bin der Ärmste von der Welt,Wenn mal mein Tag kein Lied enthält.
Jetzt ist es Herbst,Die Welt ward weit,Die Berge öffnen ihre ArmeUnd reichen dir Unendlichkeit.Kein Wunsch, kein Wuchs ist mehr im Laub,Die Bäume sehen in den Staub,Sie lauschen auf den Schritt der Zeit.Jetzt ist es Herbst,das Herz ward weit.Das Herz, das viel gewandert ist,Das sich vergnügt mit Lust und List,Das Herz muß gleich den Bäumen lauschenUnd Blicke mit dem Staube tauschen.Es hat geküßt, ahnt seine Frist,Das Laub fällt hin, das Herz vergißt.
Grau verwirrt der leere Wald.Mit tausend blauglühenden Ätheraugen,Hoch durch schwarzen Fichtenbehang,Irren Heere blauer gigantischer Blüten.Von fremden Dolden,Niemand hat je sie belauscht,Blüht jeder Morgen im GraseEisiger Samen.Graue Frauen,Die lautlos im Reigen kamen,Sind lautlos gegangen.Der Bleichen JuwelenStrahlende FädenIrisgrün, irisgolden,Hangen an allen Zweigen.In nackten Kronen singenWachszarte Ströme der Sonne.Um bloße Säulen,Auf weißen Schwingen kreistEinäugig ein Aar,Das Schweigen.
Der Abendhimmel leuchtet wie ein Blumenstrauß;Wie rosige Wicken und rosa Klee sehen die Wolken aus.Den Strauß umschließen die grünen Bäume und Wiesen,Und leicht schwebt über der goldenen HelleDes Mondes Sichel wie eine silberne Libelle.Die Menschen aber gehen versunken tief drinnen im Strauß,wie die Käfer trunken, und finden nicht mehr heraus.
Die Sonne war wieder einmal am Ziel.Wie ein Apfel, der golden ins Dunkel fiel,So löste sie sich aus den Wolken losUnd sank den Hügeln in den Schoß.Die Lerchen schliefen schon im Feld.Wir gingen einsam durch die WeltMit Lippen und mit Wangen rot;Die kannten weder Schlaf noch Tod.Ein Vogel jählings schrie im Schlaf,Sein Ruf uns beide schreckhaft traf,Wie ein Gedank´, der aufgewacht,Einer, der Angst hat vor der Nacht.Die Fledermaus, die kreuzte vorbei,Und immer einsamer gingen wir zwei.Der Wald und Acker schrumpften ein,Und alles ward im Dunkel klein.Wir fühlten plötzlich wunderbar,Daß jeder Halm entschlummert war,Und dachten beide darüber nach:Warum bleibt stets die Sehnsucht wach?