Die warme Luft, der SonnenstrahlErquickt mein Herz, erfüllt das Tal.O Gott! wie deine Schritte tönen!In tiefer Lust die Wälder stöhnen;Die hochgeschwellten Bäche fallenDurch Blumen hin mit trunknem Lallen;Sein bräutlich Lied der Vogel singt,Die Knosp in Wonne still zerspringt;Und drüber goldner Wolken Flug;Die Liebe ist in vollem Zug.An jeder Stelle möcht ich liegen;Mit jedem Vogel möcht ich fliegen,Ich möchte fort und möchte bleiben,Es fesselt mich und will mich treiben.O Lenz, du holder Widerspruch:Ersehnte Ruh und Friedensbruch,So heimatlich und ruhebringend,So fremd, in alle Ferne dringend.Das Frühlingsleuchten, treu und klar,Erscheint dem Herzen wunderbarEin stehngebliebner Freudenblitz,In Gottes Herz ein offner Ritz;Und wieder im VorübersprungEin Himmel auf der Wanderung;Ein irrer Geist, der weilend fliehtUnd bang das Herz von hinnen zieht.Ich wandle irr, dem Himmel nach,Der rauschend auf mich niederbrach;O Frühling! trunken bin ich dein!O Frühling! ewig bist du mein!
Die Bäume rauschen hier noch immer, Doch sinds dieselben Blätter nimmer, Wie einst in jener Sommernacht. Wohin, du rauhes Erdenwetter, Hast du die damals grünen Blätter, Wohin hast du mein Glück gebracht? Sie schritt mit mir durch diese Bäume, Ihr gleicht kein Bild beglückter Träume, So schön und doch so treu und klar; Das Mondlicht ruht´ auf ihren Wangen, Und ihre süßen Worte klangen: »Dich werd ich lieben immerdar!« Je tiefer mit den Räuberkrallen Der Tod ins Leben mir gefallen, Je tiefer schloß ins Herz ich ein Den Schatz der Lieb, dem Tode wehrend; Doch bricht der Räuber, allbegehrend, Zuletzt nicht auch den letzten Schrein?
Die dunklen Wolken hingenHerab so bang und schwer,Wir beide traurig gingenIm Garten hin und her. So heiß und stumm, so trübeUnd sternlos war die Nacht,So ganz, wie unsre Liebe,Zu Tränen nur gemacht. Und als ich mußte scheidenUnd gute Nacht dir bot,Wünscht´ ich bekümmert beidenIm Herzen uns den Tod.
Sahst du ein Glück vorübergehn,das nie sich wiederfindet,Ist´s gut in einen Strom zu sehn,wo alles wogt und schwindet.O, starre nur hinein, hinein;Du wirst es leichter missen,Was dir, und soll’s dein Liebstes sein,Vom Herzen ward gerissen.Blick unverwand hinab zum Fluß,Bis deine Tränen fallen,Und sieh durch ihren warmen GußDie Flut hinunterwallen.Hinträumend wird VergessenheitDes Herzens Wunde schließen;Die Seele sieht mit ihrem LeidSich selbst vorüberfließen.
Die Menschheit ist dahinter kommen,Trotz aller Gaukelei der Frommen,Daß mit dem Leben vor dem GrabeMan endlich Ernst zu machen habe. Zerbrochen ist des Wahnes Kette,Die Erde sei nur Übungsstätte,Nur Voltigierbock sei das Leben,Aufs Roß werd uns der Himmel heben. Auf freiem grünem ErdengrundeWird jeder bald schon hier, zur Stunde,Bevor das Grab ihn deckt mit Schollen,Sein Rößlein weiden, tummeln wollen.
Du trüber Nebel hüllst mirDas Tal mit seinem Fluß,Den Berg mit seinem Waldrevier,Mit jedem Sonnengruß.Nimm fort in deine graue NachtDie Erde weit und breit,Nimm fort was mich so traurig macht,Auch die Vergangenheit.
Mächtig zürnt der Himmel im Gewitter, Schmettert manche Rieseneich in Splitter, Übertönt des Niagara Stimme, Und mit seiner Blitze Flammenruten Peitscht er schneller die beschäumten Fluten, Daß sie stürzen mit empörtem Grimme. Indianer stehn am lauten Strande, Lauschen nach dem wilden Wogenbrande, Nach des Waldes bangem Sterbgestöhne; Greis der eine, mit ergrautem Haare, Aufrecht überragend seine Jahre, Die zwei andern seine starken Söhne. Seine Söhne jetzt der Greis betrachtet, Und sein Blick sich dunkler jetzt umnachtet Als die Wolken, die den Himmel schwärzen, Und sein Aug versendet wildre Blitze Als das Wetter durch die Wolkenritze, Und er spricht aus tiefempörtem Herzen: »Fluch den Weißen! ihren letzten Spuren! Jeder Welle Fluch, worauf sie fuhren, Die einst Bettler unsern Strand erklettert! Fluch dem Windhauch, dienstbar ihrem Schiffe! Hundert Flüche jedem Felsenriffe, Das sie nicht hat in den Grund geschmettert! Täglich übers Meer in wilder Eile Fliegen ihre Schiffe, giftge Pfeile, Treffen unsre Küste mit Verderben. Nichts hat uns die Räuberbrut gelassen, Als im Herzen tödlich bittres Hassen: Kommt, ihr Kinder, kommt, wir wollen sterben!« Also sprach der Alte, und sie schneiden Ihren Nachen von den Uferweiden, Drauf sie nach des Stromes Mitte ringen; Und nun werfen sie weithin die Ruder, Armverschlungen Vater, Sohn und Bruder Stimmen an, ihr Sterbelied zu singen. Laut ununterbrochne Donner krachen, Blitze flattern um den Todesnachen, Ihn umtaumeln Möwen sturmesmunter; Und die Männer kommen festentschlossen Singend schon dem Falle zugeschossen, Stürzen jetzt den Katarakt hinunter.
Noch immer, Frühling, bist du nichtGekommen in mein Tal,Wo ich dein liebes AngesichtBegrüß das letzte Mal.Frühblumen wähnten dich schon hier,Frost bringt sie um ihr Glück,Sie sehnten sich hinaus nach dir,Und können nicht zurück.Noch stehn die Bäume dürr und barUm deinen Weg herumUnd strecken, eine Bettlerschar,Nach dir die Arme stumm.Die Schwalbe fliegt bestürzt umherUnd ruft nach dir voll Gram,Bereut schon, daß sie über´s MeerZu früh herüber kam.
Vom Berge schaut hinaus ins tiefe SchweigenDer mondbeseelten schönen SommernachtDie Burgruine; und in TannenzweigenHinseufzt ein Lüftchen, das allein bewachtDie trümmervolle Einsamkeit,Den bangen Laut: ›Vergänglichkeit!‹›Vergänglichkeit!› mahnt mich im stillen TaleDie ernste Schar bekreuzter Hügel dort,Wo dauernder der Schmerz in TotenmaleAls in verlassne Herzen sich gebohrt;Bei Sterbetages WiederkehrBefeuchtet sich kein Auge mehr.Der wechselnden Gefühle TraumgestaltenDurchrauschen äffend unser Herz; es suchtVergebens seinen Himmel festzuhalten,Und fortgerissen in die rasche FluchtWird auch der Jammer; und der HauchDer sanften Wehmut schwindet auch.Horch ich hinab in meines Busens Tiefen,›Vergänglichkeit!‹ klagts hier auch meinem Ohr,Wo längst der Kindheit Freudenkläng entschliefen,Der Liebe Zauberlied sich still verlor;Wo bald in jenen Seufzer bangHinstirbt der letzte frohe Klang.
An ihren bunten Liedern klettertDie Lerche selig in die Luft;Ein Jubelchor fon Sängern schmettertIm Walde voller Blüt´ und Duft.Da sind, so weit die Blicke gleiten,Altäre festlich aufgebaut,Und all die tausend Herzen läutenZur Liebesfeier dringend laut.Der Lenz hat Rosen angezündetAn Leuchtern von Smaragd im Dom,Und jede Seele schwillt und mündetHinüber in den Opferstrom.