Komm herein, o Nacht, und kühleDiese Gluten, diesen Schmerz!Aus dem Wirrsal der GefühleWie errett´ ich nur mein Herz?Wo wir einst so glücklich waren,Hab´ ich wieder sie geseh´n -Und auf´s neue, wie vor Jahren,Ist´s um mein Ruh´ gescheh´n.
Auf des Gartens Mauerzinne bebt noch eine einz´ge Ranke: Also bebt in meinem Sinne schmerzlich nur noch ein Gedanke. Kaum vermag ich ihn zu fassen, aber dennoch von mir lassen will er, ach, zu keiner Frist; und so denk ich ihn und trage alle Nächte, alle Tage mit mir fort die dumpfe Klage, daß du mir verloren bist.
So ist es, wars und wird es sein:Gebt Freiheit! rufen die Partein,Mit was für Farben sie sich schmücken;Das heißt: gebt uns das Reich allein,Daß wir die andern unterdrücken!So ist es, wars und wird es sein!
Wenn einer starb, den du geliebt hienieden,So trag´ hinaus zur Einsamkeit dein Wehe,Daß ernst und still es sich mit dir ergeheIm Wald, am Meer, auf Steigen längst gemieden.Da fühlst du bald, daß jener, der geschieden,Lebendig dir im Herze auferstehe,In Luft und Schatten spürst du seine Nähe,Und aus den Thränen blüht ein tiefer Frieden.Ja, schöner muß der Tote dich begleiten,Ums Haupt der Schmerzverklärung lichten Schein,Und treuer -- denn du hast ihn alle Zeiten.Das Herz hat auch sein Ostern, wo der SteinVom Grabe springt, dem wir den Staub nur weihten;Und was du ewig liebst, ist ewig dein.
Durch Erd´ und Himmel leiseHinflutet eine WeiseWie sanftes Harfenwehn,Die jedem Dinge kündet,Wozu es ward gegründet,Woran es soll vergehn.Sie spricht zum Adler: DringeZur Sonne, bis die SchwingeDir trifft ein Wetterschlag;Spricht zu den Wolken: Regnet,Und wenn die Flur gesegnet,Zerrinnt am goldnen Tag.Sie spricht zum Schwan: DurchwalleDie Flut und dann mit SchalleEin selig Grab erwirb.Sie spricht zur Feuernelke:Im Duft glüh´ auf und welke!Zum Weibe: Lieb´ und stirb!
Ach wer hat es nicht erfahren,Daß ein Ton, ein Blick, ein Duft,Was vergessen war seit JahrenPlötzlich vor die Seele ruft.Also kommt in dieser süßenFrühlingszeit von Wald und Flußsolch Erinnern oft und Grüßen,Daß ich tief erschrecken muß.Weisen, die gelockt den Knaben,Dämmern auf in meinem Ohr;Dunkle Sehnsucht längst begraben,Zuckt wie Blitz in mir empor.Und wenn hoch die Sterne scheinen,Geht im Traum durch meinen SinnWirkend, mit verhaltnem Weinen,Die verlorne Liebe hin.
Ich bin ein altes KrokodilUnd sah schon die Osirisfeier;Bei Tage sonn ich mich im Nil,Bei Nacht am Strande leg ich Eier. Ich weiß mit listgem WehgekreischMir stets die Mahlzeit zu erwürken;Gewöhnlich freß ich MohrenfleischUnd sonntags manchmal einen Türken. Und wenn im gelben Mondlicht ringsDer Strand liegt und die Felsenbrüche,Tanz ich vor einer alten Sphinx,Und lausch auf ihrer Weisheit Sprüche. Die Klauen in den Sand gepflanzt,Tiefsinnig spricht sie: Tochter Thebens,Friß nur, was du verdauen kannst!Das ist das Rätsel deines Lebens.
Ich blick in mein Herz und ich blick in die Welt,Bis von schwimmenden Auge die Träne mir fällt,Wohl leuchtet die Ferne mit goldenem Licht,Doch hält mich der Nord, ich erreiche sie nicht.O die Schranken so eng und die Welt so weit,Und so flüchtig die Zeit, so flüchtig die Zeit.Ich weiß ein Land, wo aus sonnigem GrünUm versunkene Tempel die Trauben glühn,Wo die purpurne Woge das Ufer beschäumtUnd von kommenden Sängern der Lorbeer träumt.Fern lockt es und winkt dem verlangenden Sinn,Und ich kann nicht hin, ich kann nicht hin.O hätt´ ich Flügel durch Blau der Luft,Wie wollt ich baden im Sonnenduft!Doch umsonst! Und Stunde auf Stunde entflieht,Vertraure die Jugend, begrabe das Lied.O die Schranken so eng und die Welt so weit,Und so flüchtig die Zeit, so flüchtig die Zeit.
Niemals werd´ ich das vergessen,Wie dein Arm mich noch umfing,Jedes Wort beim bangen PressenDir in Tränen unterging.Ach, wir lernten erst im ScheidenUnsre Liebe ganz verstehn,Und doch war´s uns beiden, beiden:´s ist auf Nimmerwiedersehn!Seit der Stunde jener SchmerzenNoch den Druck von deiner HandFühl´ ich kühl auf meinem Herzen,Wie ich damals ihn empfand.Und wenn alles schweigt um mich,Mir aufs Bett die Sterne scheinen,Ist mir oft, ich höre dichIn der Ferne weinen.