Mein Herz ist wie die dunkle NachtSüße Ruh, süßer Taumel im Gras, Von des Krautes Arome umhaucht, Tiefe Flut, tief tief trunkne Flut, Wenn die Wolk am Azure verraucht, Wenn aufs müde, schwimmende Haupt Süsses Lachen gaukelt herab, Liebe Stimme säuselt und träuft Wie die Lindenblüt auf ein Grab. Wenn im Busen die Toten dann, Jede Leiche sich streckt und regt, Leise, leise den Odem zieht, Die geschlossne Wimper bewegt, Tote Lieb, tote Lust, tote Zeit, All die Schätze, im Schutt verwühlt, Sich berühren mit schüchternem Klang Gleich dem Glöckchen, vom Winde umspielt. Stunden, flüchtger ihr als der Kuß Eines Strahls auf den trauernden See, Als des ziehenden Vogels Lied, Das mir nieder perlt aus der Höh, Als des schillernden Käfers Blitz, Wenn den Sonnenpfad er durcheilt, Als der heisse Druck einer Hand, Die zum letzten Male verweilt. Dennoch, Himmel, immer mir nur Dieses eine mir: für das Lied Jedes freien Vogels im Blau Eine Seele, die mit ihm zieht, Nur für jeden kärglichen Strahl Meinen farbig schillernden Saum, Jeder warmen Hand meinen Druck, Und für jedes Glück meinen Traum.
Die stille Wasserrose Steigt aus dem blauen See, Die feuchten Blätter zittern, Der Kelch ist weiß wie Schnee. Da gießt der Mond vom Himmel All seinen goldnen Schein, Gießt alle seine Strahlen In ihren Schoß hinein. Im Wasser um die Blume Kreiset ein weißer Schwan; Er singt so süß, so leise, Und schaut die Blume an. Er singt so süß, so leise, Und will im Singen vergehn –O Blume, weiße Blume, Kannst du das Lied verstehn?
Laß schlafen mich und träumen,Was hab´ ich zu versäumenIn dieser Einsamkeit!Der Reif bedeckt den Garten,Mein Dasein ist ein WartenAuf Liebe nur und Lenzeszeit.Es kommt im FrühlingsglanzeFür jede kleine PflanzeEinmal der Blütentag.So wird der Tag auch kommen,Da diesem Frost entnommenMein Herz in Wonnen blühen mag.Doch bis mir das gegeben,Däucht mir nur halb mein Leben,Und kalt wie Winters Wehn;Trüb schauert´s in den Bäumen –O laß mich schlafen, träumen,Bis Liebe mich heißt auferstehn!
Die beiden Engel O kennst du, Herz, die beiden Schwesterengel,Herabgestiegen aus dem Himmelreich:Stillsegnend Freundschaft mit dem Lilienstengel,Entzündend Liebe mit dem Rosenzweig?Schwarzlockig ist die Liebe, feurig glühend,Schön wie der Lenz, der hastig sprossen will;Die Freundschaft blond, in sanftern Farben blühend,Und wie die Sommernacht so mild und still;Die Lieb´ ein brausend Meer, wo im GewimmelVieltausendfältig Wog´ an Woge schlägt;Freundschaft ein tiefer Bergsee, der den HimmelKlar widerspiegelnd in den Fluten trägt.Die Liebe bricht herein wie Wetterblitzen,Die Freundschaft kommt wie dämmernd Mondenlicht;Die Liebe will erwerben und besitzen,Die Freundschaft opfert, doch sie fordert nicht.Doch dreimal selig, dreimal hoch zu preisenDas Herz, wo beide freundlich eingekehrt,Und wo die Glut der Rose nicht dem leisenGeheimnisvollen Blühn der Lilie wehrt!
Das ist der Bildung Fluch, darin wir leben,Daß ihr das Beste untergeht im Vielen;Mit jedem Elemente will sie spielenUnd wagt sich keinem voll dahinzugeben.Kaum winkt ihr rechts ein Kranz, darnach zu streben,So reizt ein neuer sie, nach links zu schielen;Von Zweck zu Zweck gelockt, von Ziel zu Zielen,Als Falter schwärmt sie, statt als Aar zu schweben.Getaucht in alles und von nichts durchdrungen,Preist sie sich reich, wenn folgsam jedem StoßeEin Maß buntscheckigen Wissens sie erschwungen.Was Wunder, wenn bis heut aus ihrem SchoßeNur Schwaches, Halbes, Einzelnes entsprungen!Denn in sich ganz und einfach ist das Große.
Was du gründlich verstehst, das mache!Was du gründlich erfuhrst, das sprich!Bist du Meister im eignen Fache,Schmäht keine Schweigen im fremden dich.Das Reden von allem magst du gönnen,Denen, die selbst nichts machen können!
Herr, in dieser Zeit Gewog,Da die Stürme rastlos schnauben,Wahr, o wahre mir den Glauben,Der noch nimmer mich betrog;Der noch sieht in Nacht und FluchEine Spur von Deinem Lichte,Ohne den die WeltgeschichteWüster Greuel nur ein Buch:Daß, wo trostlos unbeschränktDunkle Willkür scheint zu spielen,Liebe doch nach ew´gen ZielenDie verborgnen Fäden lenkt.
Es brach schon manch ein starkes Herz,Da man sein Leben ihm entriß,Und manches duldend wandte sichUnd ward voll Haß und Finsternis,Und manches, das sich blutend schloß,Schrie laut nach Lust in seiner NotUnd warf sich in den Staub der Welt:Der schöne Gott in ihm war tot.Dann weint ihr wohl und klagt euch an;Doch keiner Thräne heißer Reu Macht eine welke Rose blühn,Erweckt ein totes Herz aufs neu! –
Herr, den ich tief im Herzen trage,Sei du mit mir!Du Gnadenhort in Glück und Klage,Sei du mit mir!Behüte mich am Born der FreudeVor Übermut!Und wenn ich an mir selbst verzage,Sei du mit mir!Dein Segen ist wie Tau den Reben,Schwach bin ich sonst;Doch daß ich kühn das Höchste wage,Sei du mit mir!O du mein Trost, du meine Stärke,Mein Sonnenlicht!Bis an das Ende meiner TageVerlaß mich nicht!
Wo still ein Herz voll Liebe glüht,O rühret, rühret nicht daran!Den Gottesfunken löscht nicht aus!Fürwahr, es ist nicht wohlgethan.Wenn´s irgend auf dem ErdenrundEin unentweihtes Plätzchen giebt,So ist´s ein junges Menschenherz,Das fromm zum erstenmale liebt.O gönnet ihm den Frühlingstraum,In dem´s voll ros´ger Blüten steht!Ihr wißt nicht, welch ein ParadiesMit diesem Traum verloren geht.Es brach schon manch ein starkes Herz,Da man sein Lieben ihm entriß,Und manches duldend wandte sich,Und ward voll Haß und Finsternis.Und manches, das sich blutend schloß,Schrie laut nach Luft in seiner Noth,Und warf sich in den Staub der Welt;Der schöne Gott in ihm war tot.Dann weint ihr wohl und klagt euch an;Doch keine Thräne heißer ReuMacht eine welke Rose blühn,Erweckt ein todtes Herz auf´s neu.