O schattigter Parnaß! ihr heiligen Gesträuche,Wo oft um Mitternacht ich einsam wachend schleiche!Nie hab ich klagend euch entweiht.Nur Scherz mit heitrem Angesichte,Nur Wein und freye ZärtlichkeitBegeistern mich, gefällig, wenn ich dichte. Wann mich ein Kummer drückt, so mag die Muse schweigen,Den Nachtigallen gleich, die auf begrünten ZweigenNur singen, wenn sie sich erfreun.Welch ächter Priester froher MusenVermischt mit Thränen seinen Wein,Und ächzet stets, auch an der Daphne Busen? Einst lag ich sorgenvoll im Schatten finstrer Buchen,Wo sich ein träger Bach, den Faunen bloß besuchen, Durch eimsames Gefilde wand.Mein Saitenspiel vergaß der Schönen,Und meine scherzgewohnte HandVerirrte sich zu trauervollen Tönen. Bereits entschloß mein Mund sich unvergnügter Klage, Als mit entwölkter Stirn, gleichen einem Frühlingstage, Die holde Muse mir erschien.Der Lippen Anmuth war den Rosen,Den Morgen-Rosen vorzuziehn, Und ieder Blick schien lächelnd liebzukosen. Mein Geist erwachte schnell aus allen trüben SorgenWie, wann im rothen Ost der angenehme MorgenItzt in Aurorens Arm erwacht;Alsdann die bangen Träume fliehenUnd schwarzgeflügelt, wie die Nacht,Mit ihr zugleich in ihre Grotte ziehen. Soll Unmuth, schalt sie mich, dein Saitenspiel verstimmen?Sieh auf! Anakreon, dein Wein und Alter krümmen,Scheucht singend eitler Sorgen Heer!Weicht auch die Freude von Alkäen?Sie schwimmt ihm nach durchs rauhe MeerUnd singt mit Ihm von Amorn und Lyäen. Horaz trinkt Chier-Wein und jauchzt bey seinem Weine:Sein ewiger Gesang ertönt in Tiburs HayneNur an der weisen Wollust Brust.Der Wollust weihe deine Leyer!Bloß diese Mutter wahrer LustBeseelt ein Lied mit ächtem Reiz und Feuer. Die wache Sorge mag an schlechten Seelen nagen!Den Thoren fehlt es nie an selbstgemachten Plagen:Ihn quält ein Tand, ein dunkler Traum.Der Weise kann das Glück betrügen:Auch wahres Üebel fühlt er kaum;Und macht sichs leicht und macht es zu Vergnügen. Mit mancher Bluhme lacht die rauhe Bahn des Lebens:Auf! pflückt sie! säumt ihr euch? sie welkt und war vergebens,Und ihr und eure Zeit verläuft.O Thorheit! daß mit faulen HändenIhr nach erwünschten Freuden greift,Die doch so schell die leichten Flügel wenden! Seyd langsam, eh ihr wünscht, und zum Genuß geschwinde: Denn wißt ihr, was euch nützt, die ihr, gleich einem Kinde, Ohn´ Ursach lacht, ohn Ursach weint?Ist euer Auge nicht gebunden?Was in der Ferne böse scheint,wird in der Näh ausbündig gut befunden: Wie, als ein holder Wind auf unbeschifftem Pfade,Die Helden Portugals an dein gewünscht Gestade,Madera, Sitz der Wollust! riß:Dich eine scharze Wolke deckte,Und stygisch dicke FinsternißSich fürchterlich bis hoch zum Himmel streckte! Die blinde Nacht verließ die ungestümen Wellen;Der Thetis Angesicht fieng an, sich aufzuhellen, Sie spielte ruhig um den Strand:Indem sie sich dem Ufer nahten,Und jauchzend ein entzückend LandHier übersahn, und ans Gestade traten. Hier lachte die Natur, die Flora stets bekränzte;Die Bluhmen düfteten, von hellen Bächen glänzte Manch rauschender Oranschen-Hayn.Nichts fehlte zu beglücktem Leben;Nichts, als Lyäus und sein Wein:Lyäus kam und pflanzte süße Reben.
O Traum, der mich entzücket!Was hab´ ich nicht erblicket!Ich warf die müden GliederIn einem Tale nieder,Wo einen Teich, der silbern floß,Ein schattiges Gebüsch umschloß. Da sah ich durch die SträucheMein Mädchen bei dem Teiche.Das hatte sich zum BadenDer Kleider meist entladen,Bis auf ein untreu weiß Gewand,Das keinem Lüftchen widerstand. Der freie Busen lachte,Den Jugend reizend machte.Mein Blick blieb lüstern stehenBei diesen regen Höhen,Wo Zephyr unter Lilien blies,Und sich die Wollust fühlen ließ. Sie fing nun an, o Freuden!Sich vollends auszukleiden:Doch ach, indem´s geschiehet,Erwach´ ich und sie fliehet. -O schlief ich doch von neuem ein!Nun wird sie wohl im Wasser sein!
Ich will, vom Weine berauscht, die Lust der Erde besingen,Ihr Schönen! eure gefährliche Lust,Den Frühling, welcher anitzt, durch Florens Hände bekränzetSiegprangend unsre Gefilde beherrsche.Fangt an! ich glühe bereits; fangt an, holdselige Saiten!Entzückt der Eccho begieriges Ohr!Tönt sanft durchs ruhige Thal! da lauschen furchtsame Nymphen,Nur halb durch junge Gesträuche bedeckt.Wer kommt vom Hügel herab, voll unaussprechlicher Anmuth,Dem Glanz die fröhlige Stirne bestrahlt,Den Philomele begrüßt? Ihm düften frühe Violen;Ihm grünt der Erde beschattete Schoos.Wunsch meiner Muse, du kommst! O Frühling, Wonne, Dionens,Du kommst, vom feurigen Amor umarmt!Und Amors muthigeFaust schwingt siegbegierige Pfeile:Die stolzen Sterblichen huldigen ihm.Ein Schwarm der Freuden ereilt vor dir muthwillige Weste,In Tänzen; welche die Flöte belebt:Vor dir scherzt Hebe dahin:, es lachen lauere LüfteDich, Kind der Sonne! gefälliger an.Durchzeuch nicht länger, O Nord! verheerend unsre Gefilde!Entfleuch nach ewigem Eise zurück:Weil nun der schönere Lenz, den Zephyrs Fittige kühlen,Siegprangend unsre Gefilde beherrscht!Sie blühn, vom Thaue beperlt, und Anmuth lachet in allenEs lacht die ganze smaragdene Flur,In deren Arme so oft, bey frischer Bäche Geschwätze,Der Schlaf mein williges Auge beschleicht.Berg, Thal und Aue besät der Bluhmen prächtige Menge:Voll Stolz auf ihre beliebte Gestalt,Bückt sich doch iede daselbst vor dir, du Bluhme Lyäens,Die süssem Scherze geheiliget ist!Schmück itzt mein finsteres Haar! Wenn du mich, Rose! bekränzest,Und Bacchus meine Gesänge beseelt:Flieht schnell mein trauriger Ernst; da klingt die Laute bezauberndIn meiner Muse geschäftigen Hand.Sie selbst auch werde bekränzt, die nicht mehr schläfrige Laute:Denn itzt (willkommen o liebliche Zeit!)Erwacht der frohe Gesang, und ied´ entschlafene CytherIst auf erhabnere Töne bedacht:Und auch die ganze Natur fühlt sich aufs neue begeistert,Da sich die Sonne der Erde genaht;Und iedes frostige Thal, so Wald, als grüne GebürgeSind reg, und alle Gefilde belebt.Drum ist die Stille geflohn, auch aus dem heiligen Hayne;Der Lärm regieret im heiligen HaynBald rauscht ein fröhlicher Hirsch, der sich im Flusse gebadet,Durch frischbethaute Gebüsche zurück:Bald tönt durchs düstre Revier die Brunst unbändiger Heerden:Wie girrt die zartere Taube so sanft!Wie seufzt vom Laube bedeckt, Pandions einsame Tochter,Wann kaum die nächtliche Stille beginnt!Denn alles fühlet anitzt des Frühlings mächtige Triebe:Nun hat der Liebe gefürchteter ArmWas lauer Lüfte Gebiet uud Meer und Erde bewohnet;Nur dich nicht, stolze Dorinde! besiegt.Doch Amor bändige dich! Er kommt zum Kampfe gerüstet,Und hat die blutige Sehne gespannt,Wie will ich seine Gewalt, bey frohem Weine, besingen,Wann du einst seine Triumphe gemehrt!
Die ich mir zum Mädchen wähle, Soll von aufgeweckter Seele,Soll von schlanker Länge sein.Holde Sanftmut, Witz im ScherzeRührt mein Herze,Nicht ein glatt Gesicht allein.Allzu jung taugt nur zum Spielen.Fleischig sei sie anzufühlen,Und gewölbt die weiße Brust.Die Brünette soll vor allenMir gefallen:Sie ist dauerhaft zur Lust.Setzt noch unter diese Dinge,Daß sie artig tanz´ und singe:Was ist solchem Mädchen gleich?Sagt, ihr Menschenkenner, saget:Wers erjaget,Hat der nicht ein Königreich?
Amor, Vater süßer Lieder,Du mein Phöbus, kehre wieder!Kehre wieder in mein Herze!Komm! doch mit dem schlauen Scherze:Komm und laß zugleich LyäenDir zur Seite lachend gehen!Komm mit einem holden Kinde,Das mein träges Herz entünde,Und durch feuervolle KüsseZum Horaz mich küssen müsse!Willst du, Gott der Zärtlichkeiten:Laß auch Schmerzen dich begleiten!Ich will lieber deine Schmerzen,Als nicht küssen und nicht scherzen.
Lobgesang des FrühlingsAn Hrn. Gleim in Berlin 1741Wie lang hat meine Muse schon,Die Witz und edle Einfalt ehret,Am blumenvollen Helikon,Den Musen Griechenlands begierig zugehöret!Nun aber will sie selbst einmalDie hochgestimmte Cyther schlagen;Doch Mavors blutbefleckter StalVerbeut ihr, sich ins Feld, voll Furchtsamkeit, zu wagen.Sie schlich sich zwar, mit seltnem Muth,Jüngsthin ins dicke Kriegsgedränge,Und sann auf Leichen und auf BlutUnd in erhitztem Kampf, auf kriegrische Gesänge.Sie drang mit Zittern an den Ort,Wo, trotz der Glut, die donnernd krachte,Durch Muth und durch sein mächtig WortSich Brandenburgs Monarch des Kriegsglücks dienstbar machteDoch Phöbus riß sie aus dem Brand,Und bracht, durch ihre Furcht gerühret,Sie in das sonnenreiche Land,Allwo der Wahrheit Faust den sanften Zepter führet.Hier, sprach er, wo kein Mörsel wühlt,In diesen ungestörten Gründen,Versuche, wie dein Finger spielt;Du kannst auch hier den Stoff zu hohen Liedern finden.Dort, in der Göttinn Heiligthum,Wo Licht und reiner Schimmer lachen,Da thront ihr Liebling und ihr Ruhm,Wolf, der für Eifer glüht, die Wahrheit groß zu machen.Sie reicht, auf unschätzbarem Gold,Ihm necktarreiche Götterspeise,Die jener fette Weinstock zollt,Der um den Tempel kriecht, gepflanzt von ihrem Fleiße.Wolf reicht es nun dem Grafen dar,Der Philurenens Fluren schmücket;Den schon die frohe Musenschaar,Die seine Rechte schützt,bis an die Sterne rücket.Der hat, von hoher Glut entbrannt,Den lorbernwerthen Bund errichtet,Der durch ein neugeknüpftes Band,Der Wahrheit beyzustehn, jedweden Freund verpflichtet.Was kömmt da für ein kühner Held?Es fliegt der Sieg an seiner Seite;Die Klugheit ist ihm beygesellt;So sieht der Kriegsgott aus, erhitzt vom scharfen Streite.Wer kann es sonst, als Friedrich, seyn?Der ist es, ja, des Feindes Schrecken.Er hängt in jenem PalmenhäynDie güldnen Waffen auf, die Staub und Blut bedecken.Ihn küßt der Göttin holder Mund;Es ruht auf ihm ihr ganzes Glücke:Er thut ihr seine Liebe kund,Und schaut auf Wolfen hin, mit gnadenvollem Blicke.Nun sieh ihn an, nun gleicht er mir;Die Flöte reizt in seinen Händen,Es schweigt das lüsterne RevierBey seiner Töne Pracht, die meinen Ruhm entwenden.Drum fliehn die Musen öffentlichZu diesem weisen Ueberwinder;In Friedrichs Arme flüchten sichGeschmack und ächter Witz, der Wahrheit schönste Kinder.Nun, da sein Anblick sie belebt,So springt in freudenvollen Tänzen,Dort, wo ein kühler Schatten schwebt,Die fest verschlungne Schaar, geziert mit Rosenkränzen.O laß dir diese güldne ZeitNoch mehr als Friedrichs Muth gefallen:Hiervon, und nicht von Krieg und Streit,Du junge Muse! laß die neuen Saiten schallen.So sprach er! und die Muse brennt,so hohe Dinge zu besingen;Doch, weil sie ihre Schwäche kennt,So läßt ihr Mund vorher ein niedrers Lob erklingen.
Du verstörst uns nicht, o Nacht!Sieh! wir trinken im Gebüsche;Und ein kühler Winde erwacht,Daß er unsern Wein erfrische.Mutter holder Dunkelheit,Nacht! Vertraute süßer Sorgen,Die betrogner WachsamkeitViele Küsse schon verborgen!Dir allein sei mitbewußt,Welch Vergnügen mich berausche,Wann ich an geliebter BrustUnter Tau und Blumen lausche!Murmelt ihr, wann alles ruht,Murmelt, sanftbewegte Bäume,Bei dem Sprudeln heischrer FlutMich in wollustvolle Träume.
O Wald,! o Schatten grüner Gänge!Geliebte Flur voll Frühlings-Pracht!Mich hat vom städtischen GedrängeMein günstig Glück zu euch gebracht:Wo ich, nach unruhvollen Stunden,Die Ruhe, die dem Weisen lacht,Im Schoose der natur gefunden. Ich fühle mich wie neugebohren,Und fang erst nun zu leben an,Seit, fern vom Trotze reicher Thoren,Ich hier in Freyheit athmen kann.Es krieche, wer nach Ehre flieget!Ich werde nie ein grosser Mann,Weil ich mich knechtisch nicht geschmieget. Es mögen andre höher trachten:Sie mögen, hungrig nach Gewinn,Im Joche der Geschäfte schmachten,Da ich der Knechtschaft müde bin!Sie drängen sich durch List und GabenAn ihre Ruderbänke hin;Dieweil sie Sclavenseelen haben. Du glänzend Nichts! o Rauch der Ehre!Dich kauf ich nicht mit wahrem Weh.Mein Geist sey, nach der Weisheit Lehre,So stille, wie die Sommersee:So ruhig im Genuß der Freuden,Als dort, im perlenreichen Klee, Die unschuldvollen Lämmer weiden! O seht, wie über grüne HügelDer Tag bekränzt mit Rosen, naht!Ihn kühlen Zephyrs linde Flügel:Vom Thau glänzt sein beblühmter Pfad.Wie taumelt Flora durch die Triften!Die Lerche steigt aus trunkner Saat,Und singt in unbewölkten Lüften. Dort, wo im Schatten schlanker BuchenDie Quelle zwischen Bluhmen schwätzt;Seh ich die Muse mich besuchen, Und werde durch ihr Lied ergötzt.Sie singt entzückt in güldne Saiten,Indeß, von Morgenthau benetzt,Die Haare flatternd sich verbreiten. Noch süsser tönt um frische RosenIhr angenehmes Hirtenrohr;Und Amor komnt, ihr liebzukosen,Und ieder Ton entzückt sein Ohr.Auch er versucht, wies ihm gelinget:Ein schwaches Murmeln quillt hervor,Das ungeübte Hand erzwinget. Geht hin, die ihr nach Golde schnaubet!Sucht Freude, die mein Herz verschmäht,Betrügt, verrathet, schindet, raubet,Und erndet, was die Witwe sät!Damit, wann ihr in Gold und SeideEuch unter klugen Armen bläht,dumme Pöbel euch beneide. Dem Reichthum, bleicher sorgen Kinde,Schleicht stets die bleiche Sorge nach:Sie braust, wie ungestüme Winde,Durch euer innerstes Gemach.Der sanfte Schlummer flieht Paläste,Und schwebet um den kühlen Bach,Und liebt das Lispeln junger Weste. Mir gnüget ein zufriednes HerzeUnd was ich hab und haben muß,Und, kann es seyn, bey freyem Scherze,Ein kluger Freund und reiner Kuß:Dieß kleine Feld und jene Schafe,Wo, ohne stolzen Ueberfluß,Ich singe, scherze, küsse, schlafe.