Hoch mit den Wolken geht der Vögel Reise,Die Erde schläfert, kaum noch Astern prangen,Verstummt die Lieder, die so fröhlich klangen,Und trüber Winter deckt die weiten Kreise.Die Wanduhr tickt, im Zimmer singet leiseWaldvöglein noch, so du im Herbst gefangen.Ein Bilderbuch scheint alles, was vergangen,Du blätterst drin, geschützt vor Sturm und Eise.So mild ist oft das Alter mir erschienen:Wart nur, bald taut es von den Dächern wiederUnd über Nacht hat sich die Luft gewendet.Ans Fenster klopft ein Bot´ mit frohen Mienen,Du trittst erstaunt heraus – und kehrst nicht wieder,Denn endlich kommt der Lenz, der nimmer endet.
Komm zum Garten denn, du Holde!In den warmen, schönen TagenSollst du Blumenkränze tragen,Und vom kühl kristallnen GoldeMit den frischen, roten Lippen,Eh ich trinke, lächelnd nippen.Ohne Maß dann, ohne Richter,Küssend, trinkend singt der DichterLieder, die von selbst entschweben:Wunderschön ist doch das Leben!
Länger fallen schon die Schatten,durch die kühle Abendluft,waldwärts über stille Mattenschreitet Joseph von der Kluft.Führt den Esel treu am Zügel;linde Lüfte fächeln kaum,’sind der Engel eise Flügel,die das Kindlein sieht im Traum.Und Maria schauet niederauf das Kind voll Lust und Leid,singt im Herzen Wiegenliederin der stillen Einsamkeit.Die Johanneswürmchen kreisen,emsig leuchtend übern Weg,wollen der Mutter Gottes weisendurch die Wildnis jeden Steg.Und durchs Gras geht süßes Schaudern,streift es ihres Mantels Saum;Bächlein auch läßt jetzt sein Plaudern,und die Wälder flüstern kaum,daß sie nicht die Flucht verraten.Und das Kindlein hob die Hand,da sie ihm so Liebes taten,segnete das stille Land,daß die Erd’ mit Blumen, Bäumenfernerhin in Ewigkeitnächtlich muß vom Himmel träumen -o gebenedeite Zeit!
In der stillen Pracht,in allen frischen Büschen und Bäumenflüstert´s wie Träumendie ganze Nacht.Denn über den mondbeglänzten Ländernmit langen weißen Gewändernziehen die schlankenWolkenfrau´n wie geheime Gedanken,senden von den Felsenwändenhinab die behendenFrühlingsgesellen, die hellen Waldquellen,die´s unten bestellenan die duftgen Tiefen,die gerne noch schliefen.Nun wiegen und neigen in ahnendem Schweigensich alle so eigenmit Ähren und Zweigen,erzählens´ den Winden,die durch die blühenden Lindenvorüber den grasenden Rehensäuselnd über die Seen gehen,daß die Nixen verschlafen auftauchenund fragen,was sie so lieblich hauchen –wer mag es wohl sagen?
Es saß ein Mann gefangenAuf einem hohen Turm,Die Wetterfähnlein klangenGar seltsam in den Sturm.Und draußen hört´ er ringenVerworr´ner Ströme Gang,Dazwischen Vöglein singen,Und heller Waffen Klang.Ein Liedlein scholl gar lustig:Heisa, so lang Gott will!Und wilder Menge Tosen,Dann wieder totenstill.So tausend Stimmen irren,Wie Wind´ im Meere geh´n,Sich teilen und verwirren,Er konnte nichts versteh´n.Doch spürt´ er, wer ihn grüße,Mit Schaudern und mit Lust,Es rührt ihm wie ein RieseDas Leben an die Brust.
Übern Garten durch die Lüfte Hört ich Wandervögel ziehn, Das bedeutet Frühlingsdüfte, Unten fängts schon an zu blühn. Jauchzen möcht ich, möchte weinen, Ist mir´s doch, als könnt´s nicht sein! Alte Wunder wieder scheinen Mit dem Mondesglanz herein. Und der Mond, die Sterne sagen´s, Und in Träumen rauscht´s der Hain, Und die Nachtigallen schlagen´s: Sie ist deine, sie ist dein!
Vom Münster Trauerglocken klingen,Vom Tal ein Jauchzen schallt herauf.Zur Ruh sie dort dem Toten singen,Die Lerchen jubeln: wache auf!Mit Erde sie ihn still bedecken,Das Grün aus allen Gräbern bricht,Die Ströme hell durchs Land sich strecken,Der Wald ernst wie in Träumen spricht,Und bei den Klängen, Jauchzen, Trauern,So weit ins Land man schauen mag,Es ist ein tiefes FrühlingsschauernAls wie ein Auferstehungstag.
Zwei Musikanten ziehn daherVom Wald aus weiter Ferne,Der eine ist verliebt gar sehr,Der andre wär es gerne. Die stehn allhier im kalten WindUnd singen schön und geigen:Ob nicht ein süßverträumtes KindAm Fenster sich wollt zeigen?
Über die beglänzten GipfelFernher kommt es wie ein Grüßen;Flüsternd neigen sich die Wipfel,Als ob sie sich wollten küssen.Ist er doch so schön und milde!Stimmen gehen durch die Nacht,Singen heimlich von dem Bilde -Ach, ich bin so froh erwacht!Plaudert nicht so laut, ihr Quellen!Wissen darf es nicht der Morgen!In der Mondnacht linde WellenSenk´ ich still mein Glück und Sorgen.