Größer werden die Menschen nicht;Doch unter den MenschenGrößer und größer wächstDie Welt des Gedankens.Strengeres fordert jeglicher TagVon den Lebenden.Und so sehen es alle,Die zu sehen verstehn,Aus dem seligen Glauben des Kreuzesbricht ein andrer hervor,Selbstloser und größer.Dessen Gebot wird sein:Edel lebe und schön,Ohne Hoffnung künftigen SeinsUnd ohne Vergeltung,Nur um der Schönheit des Lebens willen.
1Als ich dich kaum gesehn,mußt es mein Herz gestehn,ich könnt dir nimmermehrvorübergehn.Fällt nun der Sternenscheinnachts in mein Kämmerlein,lieg ich und schlafe nichtund denke dein.Ist doch die Seele meinso ganz geworden dein,zittert in deiner Hand,tu ihr kein Leid!2Einen Brief soll ich schreibenmeinem Schatz in der Fern;sie hat mich gebeten,sie hätt´s gar zu gern.Da lauf ich zum Krämer,kauf Tint und Papierund schneid mir ein´ Federund sitz nun dahier.Als wir noch mitsammenuns lustig gemacht,da haben wir nimmerans Schreiben gedacht.Was hilft mir nun Federund Tint und Papier!Du weißt, die Gedankensind allzeit bei dir.
Die fremde Stadt durchschritt ich sorgenvoll, der Kinder denkend, die ich ließ zu Haus. Weihnachten war’s, durch alle Gassen scholl der Kinder Jubel und des Markts Gebraus. Und wie der Menschenstrom mich fortgespült, drang mir ein heiser Stimmlein in das Ohr: „Kauft, lieber Herr!“ Ein magres Händchen hielt feilbietend mir ein ärmlich Spielzeug vor. Ich schrak empor, und beim Laternenschein sah ich ein blasses Kinderangesicht; wes Alters und Geschlechts es mochte sein, erkannt ich im Vorübergehen nicht. Nur von dem Treppenstein, darauf es saß, noch immer hört ich, mühsam, wie es schien: „Kauft, lieber Herr!“ den Ruf ohn Unterlaß; doch hat wohl keiner ihm Gehör verliehn. Und ich? War’s Ungeschick, war es die Scham, am Weg zu handeln mit dem Bettelkind? Eh’ meine Hand zu meiner Börse kam, verscholl das Stimmlein hinter mir im Wind. Doch als ich endlich war mit mir allein, erfaßte mich die Angst im Herzen so, als säß’ mein eigen Kind auf jenem Stein und schrie nach Brot, indessen ich entfloh.
Es rauscht, die gelben Blätter fliegen,Am Himmel steht ein falber Schein; Du schauerst leis und drückst dich festerIn deines Mannes Arm hinein.Was nun von Halm zu Halme wandelt,Was nach den letzten Blumen greift,Hat heimlich im VorübergehenAuch dein geliebtes Haupt gestreift.Doch reißen auch die zarten Fäden,Die warme Nacht auf Wiesen spann –Es ist der Sommer nur, der scheidet;Was geht denn uns der Sommer an?Du legst die Hand an meine StirneUnd schaust mir prüfend ins Gesicht;Aus deinen milden FrauenaugenBricht gar zu melancholisch Licht.Erlosch auch hier ein Duft, ein Schimmer,Ein Rätsel, das dich einst bewegt,Daß du in meiner Hand gefangenDie freie Mädchenhand gelegt?O schaudre nicht! Ob auch unmerklichDer schönste Sonnenschein verrann –Es ist der Sommer nur, der scheidet;Was geht denn uns der Sommer an?
Wie wenn das Leben wär nichts andresAls das Verbrennen eines Lichts!Verloren geht kein einzig Teilchen,Jedoch wir selber gehn ins Nichts! Denn was wir Leib und Seele nennen,So fest in eins gestaltet kaum,Es löst sich auf in TausendteilchenUnd wimmelt durch den öden Raum. Es waltet stets dasselbe Leben,Natur geht ihren ew´gen Lauf;In tausend neuerschaffnen WesenStehn diese tausend Teilchen auf. Das Wesen aber ist verloren,Das nur durch ihren Bund bestand,Wenn nicht der Zufall die verstäubtenAufs neu zu einem Sein verband.
Ein schwaches Stäbchen ist die Liebe,Das deiner Jugend Rebe trägt,Das wachsend bald der Baum des LebensMit seinen Ästen selbst zerschlägtUnd drängtest du mit ganzer SeeleZu allerinnigstem Verein,Du wirst am Ende doch, am EndeNur auf dir selbst gelassen sein.
Schließe mir die Augen beideMit den lieben Händen zu!Geht doch alles, was ich leide,Unter deiner Hand zur Ruh.Und wie leise sich der SchmerzWell um Welle schlafen leget,Wie der letzte Schlag sich reget,Füllest du mein ganzes Herz.
Du bissest die zarten Lippen wund,Das Blut ist danach geflossen;Du hast es gewollt, ich weiß es wohl,Weil einst mein Mund sie verschlossen.Entfärben ließt du dein blondes HaarIn Sonnenbrand und Regen;Du hast es gewollt, weil meine HandLiebkosend darauf gelegen.Du stehst am Herd in Flammen und Rauch,Daß die feinen Hände dir sprangen;Du hast es gewoll, ich weiß es wohl,Weil mein Auge daran gehangen.
Mitunter weicht von meiner Brust,Was sie bedrückt seit deinem Sterben;Es drängt mich, wie in Jugendlust,Noch einmal um das Glück zu werben.Doch frag´ ich dann: was ist das Glück?So kann ich keine Antwort geben,Als die, daß du mir kämst zurück,Um so wie einst mit mir zu leben.Dann seh´ ich jenen Morgenschein,Da wir dich hin zur Gruft getragen;Und lautlos schlafen die Wünsche ein,Und nicht mehr will ich das Glück erjagen.
Zürnt mir nicht, verehrte Frau, Daß auch ich Euch gratuliere! Armut ist ein schlechter Gast, Furchtsam tret ich in die Türe. Draußen stand ich, und ich sah Alle Fenster hell erleuchtet; Und ich dachte, wie so oft Ihr mir milde Gabe reichtet. Gönnt nur einen Augenblick, Mich an Eurem Glück zu weiden! Schwester weint zu Haus nach Brot – Ach, wir haben wenig Freuden.