Habt ihr denn wirklich keinen SchimmerVon Angst, daß ihr noch ruhig schlaft?Wird denn in dieser Welt nicht immerDas Leben mit dem Tod bestraft?Ihr lebt vergnügt, trotz dem Verhängnis,Das näher stets und näher zieht.So stiehlt der Dieb, dem das GefängnisUnd später gar der Galgen blüht.Hör auf, entgegnet frech die Jugend,Du altes Jammerinstrument!Man merkt es gleich: du bist die Tugend,Die keinem sein Vergnügen gönnt.
Der schöne Sommer ging von hinnen,der Herbst, der reiche, zog ins Land.Nun weben all die guten Spinnenso manches feines Festgewand.Sie weben zu des Tages Feiermit kunstgeübtem Hinterbeinganz allerliebste Elfenschleierals Schmuck für Wiese, Flur und Hain.Ja, tausend Silberfäden gebendem Winde sie zum leichten Spiel,die ziehen sanft dahin und schwebenans unbewußt bestimmte Ziel.Sie ziehen in das Wunderländchen,wo Liebe scheu im Anbeginn,und leis verknüpft ein zartes Bändchenden Schäfer mit der Schäferin.
Man ist ja von Natur kein Engel,vielmehr ein Welt- und Menschenkind,und ringsumher ist ein Gedrängelvon solchen, die dasselbe sind.In diesem Reich geborner Flegel,Wer könnte sich des Lebens freun,Würd´ es versäumt, schon früh die RegelDer Rücksicht kräftig einzubläun.Es saust der Stock, es schwirrt die Rute.Du darfst nicht zeigen, was du bist.Wie schad, o Mensch, daß dir das GuteIm Grunde so zuwider ist!
Wenn mir mal ein Malheur passiert, ich weiß, so bist du sehr gerührt. Du denkst, es wäre doch fatal, passierte dir das auch einmal. Doch weil das Schmerzending zum Glück an dir vorüberging, so ist die Sache andererseits für dich nicht ohne Reiz. Du merkst, das Bedauerei so eine Art von Wonne sei.
Miezel, eine schlaue Katze,Molly, ein begabter Hund,Wohnhaft an demselben Platze,Haßten sich aus Herzensgrund. Schon der Ausdruck ihrer MienenBei gesträubter HaarfrisurZeigt es deutlich: Zwischen ihnenIst von Liebe keine Spur. Doch wenn Miezel in dem Baume,Wo sie meistens hin entwich,Friedlich dasitzt wie im Traume,Dann ist Molly außer sich. Beide lebten in der Scheune,Die gefüllt mit frischem Heu.Alle beide hatten Kleine,Molly zwei und Miezel drei. Einst zur Jagd ging Miezel wiederAuf das Feld: Da geht es bumm.Der Herr Förster schoß sie nieder.Ihre Lebenszeit ist um. Oh, wie jämmerlich miauenDie drei Kinderchen daheim.Molly eilt, sie zu beschauen,Und ihr Herz geht aus dem Leim. Und sie trägt sie kurz entschlossenZu der eignen Lagerstatt,Wo sie nunmehr fünf GenossenAn der Brust zu Gaste hat. Mensch, mit traurigem Gesichte,Sprich nicht nur von Leid und Streit.Selbst in Brehms NaturgeschichteFindet sich Barmherzigkeit.
Ach, wie eilet so geschwindeDieser Sommer durch die Welt.Herbstlich rauscht es in der Linde,Ihre Blätter mit dem WindeWehen übers Stoppelfeld.Hörst du in den Lüften klingendSehnlich klagend das Kuru?Wandervögel, flügelschwingend,Lebewohl der Heimat singend,Ziehn dem fremden Lande zu.Morgen muß ich in die Ferne.Liebes Mädchen, bleib mir gut.Morgen lebt in der Kaserne,Daß er exerzieren lerne,Dein dich liebender Rekrut.
Als Kind von angenehmen ZügenWar Röschen ein gar lustig Ding.Gern zupfte sie das Bein der Fliegen,Die sie geschickt mit Spucke fing.Sie wuchs, und größere ObjekteLockt sie von nun an in ihr Garn,Nicht nur die jungen, nein, sie neckteUnd rupft auch manchen alten Narrn.Inzwischen tat in stillem WaltenDie Zeit getreulich ihre Pflicht.Durch wundersame BügelfaltenVerziert sie Röschens Angesicht.Und locker wurden Röschens Zähne.Kein Freier stellte sich mehr ein.Und schließlich kriegt sie gar Migräne,Und die pflegt dauerhaft zu sein.Dies führte sie zum Aberglauben,Obwohl sie sonst nicht gläubig schien.Sie meinte fest, daß TurteltaubenDen Schmerz der Menschen an sich ziehn.Zwei Stück davon hat sie im Bauer,Ein Pärchen, welches zärtlich girrt;Jetzt liegt sie täglich auf der Lauer,Ob ihnen noch nicht übel wird.
Das Zahnweh, subjektiv genommen,ist ohne Zweifel unwillkommen;doch hat´s die gute Eigenschaft,daß sich dabei die Lebenskraft,die man nach außen oft verschwendet,auf einen Punkt nach innen wendetund hier energisch konzentriert.Kaum wird der erste Stich verspürt,kaum fühlt man das bekannte Bohren,das Zucken, Rucken und Rumoren,und aus ist´s mit der Weltgeschichte,vergessen sind die Kursberichte,die Steuern und das Einmaleins,kurz, jede Form gewohnten Seins,die sonst real erscheint und wichtig,wird plötzlich wesenlos und nichtig.Ja, selbst die alte Liebe rostet,man weiß nicht, was die Butter kostet,denn einzig in der engen Höhledes Backenzahnes weilt die Seele,und unter Toben und Gesausreift der Entschluß: Er muß heraus!
Er war ein grundgescheiter Mann,Sehr weise und hocherfahren;Er trug ein graumeliertes Haar,Dieweil er schon ziemlich bei Jahren.Er war ein abgesagter FeindDes Lachens und des ScherzensUnd war doch der größte Narr am HofDer Königin seines Herzens.
Ein Fuchs von flüchtiger MoralUnd unbedenklich, wenn er stahl,Schlich sich bei Nacht zum HühnerstalleVon einem namens Jochen Dralle,Der, weil die Mühe ihn verdroß,Die Tür mal wieder nicht verschloß.Er hat sich, wie er immer pflegt,So wie er war zu Bett gelegt.Er schlief und schnarchte auch bereits.Frau Dralle, welche ihrerseitsNoch wachte, denn sie hatt´ die Grippe,Stieß Jochen an die kurze Rippe.Du, rief sie flüsternd, hör doch bloß,Im Hühnerstall da ist was los;Das ist der Fuchs, der alte Racker.Und schon ergriff sie kühn und wacker,Obgleich sie nur im Nachtgewand,Den Besen, der am Ofen stand;Indes der Jochen leise fluchtUnd erst mal Licht zu machen sucht.Sie ging voran, er hinterdrein.Es pfeift der Wind, die Hühner schrein.Nur zu, mahnt Jochen, sei nur dreistUnd sag Bescheid, wenn er dich beißt.Umsonst sucht sich der Dieb zu drückenVor Madam Dralles Geierblicken.Sie schlägt ihm unaussprechlich schnelleZwei-dreimal an derselben StelleMit ihres Besens hartem StielAufs Nasenbein. Das wär zuviel. –Ein jeder kriegt, ein jeder nimmtIn dieser Welt, was ihm bestimmt.Der Fuchs, nachdem der Balg herab,Bekommt ein Armesündergrab.Frau Dralle, weil sie leichtgesinntSich ausgesetzt dem WinterwindZum Trotz der Selbsterhaltungspflicht,Kriegt´ zu der Grippe noch die Gicht.Doch Jochen kriegte hocherfreutInfolge der GelegenheitVon Pelzwerk eine warme KappeMit Vorder- und mit Hinterklappe.Stets hieß es dann, wenn er sie trug:Der ist es, der den Fuchs erschlug.