Tugend will, man soll sie holen,ungern ist sie gegenwärtig;Laster ist auch unbefohlendienstbereit und fix und fertig.Gute Tiere, spricht der Weise,mußt du züchten, mußt du kaufen;doch die Ratten und die Mäusekommen ganz von selbst gelaufen.
Es saß der fromme Meister Mit Weib und Kind bei Tisch. Ach, seine Lebensgeister Sind nicht wie sonst so frisch. Er sitzt mit krummem Nacken Vor seinem Leibgericht, Er hält sich beide Backen, Worin es heftig sticht. Das brennt wie heiße Kohlen. Au, schreit er, au, verdammt! Der Teufel soll sie holen, Die Zähne allesamt! Doch gleich, wie es in Nöten Wohl öfter schon geschah, Begann er laut zu beten: Hilf, Apollonia! Kaum, daß aus voller Seele Er diesen Spruch getan, Fällt aus des Mundes Höhle Ihm plötzlich jeder Zahn.Und schmerzlos, Dank dem Himmel, Schmaust er, wie ´s sonst der Brauch, Nur war es mehr Gemümmel, Und lispeln tät er auch. Pohsit! Wie klingt so niedlich Des Meisters Säuselton. Er trank, entschlummert friedlich, Und horch, da schnarcht er schon.
Muß man sich schon wieder plagen?Also wieder ein Gedicht?Soll ich wagen, nein zu sagen? -Nein, ich bin kein Bösewicht!Dehne dich, Poetenleder!Werde flüssig, alter Leim!Sieh, schon tröpfelt aus der FederDer mit Angst gesuchte Reim!Und so zeig´ ich mit VergnügenMich als einen netten Herrn. -Ach, mitunter muß man lügen,Und mitunter lügt man gern!
In einem Häuschen, sozusagen –(Den ersten Stock bewohnt der Magen) –In einem Häuschen war´s nicht richtig.Darinnen spukt und tobte tüchtigEin Kobold, wie ein wildes Bübchen,Vom Keller bis zum Oberstübchen.Fürwahr, es war ein bös Getös.Der Hausherr wird zuletzt nervös,Und als ein desperater MannSteckt er kurzweg sein Häuschen anUnd baut ein Haus sich anderswoUnd meint, da ging es ihm nicht so.Allein, da sieht er sich betrogen.Der Kobold ist mit umgezogenUnd macht Spektakel und RumorViel ärger noch als wie zuvor.Ha, rief der Mann, wer bist du, sprich.Der Kobold lacht: Ich bin dein Ich.
Was soll ich nur von eurer Liebe glauben?Was kriecht ihr immer in so dunkle Lauben?Wozu das ewge Flüstern und Gemunkel?Das scheinen höchst verdächtige Geschichten.Und selbst die besten ehelichen Pflichten,Von allem Tun die schönste Tätigkeit,In Tempeln von des Priesters Hand geweiht,Ihr hüllt sie in ein schuldbewußtes Dunkel.
Ach, ich fühl´ es! Keine TugendIst so recht nach meinem Sinn;Stets befind´ ich mich am wohlsten,Wenn ich damit fertig bin.Dahingegen so ein Laster,Ja, das macht mir viel Pläsier;Und ich hab´ die hübschen SachenLieber vor als hinter mir.
Gestern war in meiner MützeMir mal wieder was nicht recht;Die Natur schien mir nichts nützeUnd der Mensch erbärmlich schlecht.Meine Ehgemahlin hab´ ichGanz gehörig angeblärrt,Drauf aus purem Zorn begab ichMich ins Symphoniekonzert.Doch auch dies war nicht so labend,Wie ich eigentlich gedacht,Weil man da den ganzen AbendWieder mal Musik gemacht.
Der Winter ging, der Sommer kam,er bringt aufs Neue wiederden viel beliebten Wunderkramder Blumen und der Lieder.Wie das so wechselt Jahr um Jahr,betracht ich fast mit Sorgen.Was lebte, starb, was ist, es war,und heute wird zu morgen.Stets muss die Bildnerin Naturden alten Ton benutzenim Haus und Garten, Wald und Flurzu ihren neuen Skizzen.
In Tours, zu Bischof Martins Zeit,Gab´s Krüppel viel und Bettelleut.Darunter auch ein Ehepaar,Was glücklich und zufrieden war.Er, sonst gesund, war blind und stumm;Sie sehend, aber lahm und krummAn jedem Glied, bis auf die ZungeUnd eine unverletzte Lunge.Das paßte schön. Sie reitet ihnUnd, selbstverständlich, leitet ihnAls ein geduldig Satteltier,Sie obenauf, er unter ihr,Ganz einfach mit geringer Müh,Bloß durch die Worte Hott und Hü,Bald so, bald so, vor allen DingenDahin, wo grad die Leute gingen.Fast jeder, der´s noch nicht gesehn,Bleibt unwillkürlich stille stehn,Ruft: "Lieber Gott, was ist denn das?"Greift in den Sack, gibt ihnen wasUnd denkt noch lange gern und heiterAn dieses Roß und diesen Reiter.So hätten denn gewiß die zweiDurch fortgesetzte Bettelei,Vereint in solcherlei Gestalt,Auch ferner ihren Unterhalt,Ja, ein Vermögen sich erworben,Wär´ Bischof Martin nicht gestorben.Als dieser nun gestorben war,Legt man ihn auf die TotenbahrUnd tät´ ihn unter WeheklagenFein langsam nach dem Dome tragenZu seiner wohlverdienten Ruh.Und sieh, ein Wunder trug sich zu.Da, wo der Zug vorüberkam,Wer irgend blind, wer irgend lahm,Der fühlte sich sogleich genesen,Als ob er niemals krank gewesen.Oh, wie erschrak die lahme Frau!Von weitem schon sah sie´s genau,Weil sie hoch oben, wie gewohnt,Auf des Gemahles Rücken thront."Lauf", rief sie, "laufe schnell von hinnen,Damit wir noch beizeit entrinnen."Er läuft, er stößt an einen Stein,Er fällt und bricht beinah ein Bein.Die Prozession ist auch schon da.Sie zieht vorbei. Der Blinde sah,Die Lahme, ebenfalls kuriert,Kann gehn, als wie mit Öl geschmiert,Und beide sind wie neugeborenUnd kratzen sich verdutzt die Ohren.Jetzt fragt es sich: Was aber nun?Wer leben will, der muß was tun.Denn wer kein Geld sein eigen nenntUnd hat zum Betteln kein TalentUnd hält zum Stehlen sich zu feinUnd mag auch nicht im Kloster sein,Der ist fürwahr nicht zu beneiden.Das überlegten sich die beiden.Sie, sehr begabt, wird eine fescheGesuchte Plätterin der Wäsche.Er, mehr beschränkt, nahm eine AxtUnd spaltet Klötze, daß es knackst,Von morgens früh bis in die Nacht.Das hat Sankt Martin gut gemacht.
Weh, wer ohne rechte Mittel Sich der Poesie vermählt! Täglich dünner wird der Kittel, Und die Milch im Hause fehlt. Ängstlich schwitzend muß er sitzen, Fort ist seine Seelenruh, Und vergeblich an den Zitzen Zupft er seine magre Kuh.