Die Mutter plagte ein Gedanke. Sie kramt im alten Kleiderschranke, Wo kurz und lang, obschon gedrängt, Doch friedlich beieinander hängt. Auf einmal ruft sie: Ei, sieh da, Der Schwalbenschwanz, da ist er ja! Den blauen, längst nicht mehr benützten, Den hinten zwiefach zugespitzten, Mit blanken Knöpfen schön geschmückt, Der einst so manches Herz berückt, Ihn trägt sie klug und überlegt Dahin, wo sie zu schneidern pflegt Und trennt und wendet, näht und mißt, Bis daß das Werk vollendet ist. Auf die Art aus des Vaters Fracke Kriegt Fritzchen eine neue Jacke. Grad so behilft sich der Poet. Du liebe Zeit, was soll er machen? Gebraucht sind die Gedankensachen Schon alle, seit die Welt besteht.
Das Zahnweh, subjektiv genommen,ist ohne Zweifel unwillkommen;doch hat´s die gute Eigenschaft,daß sich dabei die Lebenskraft,die man nach außen oft verschwendet,auf einen Punkt nach innen wendetund hier energisch konzentriert.Kaum wird der erste Stich verspürt,kaum fühlt man das bekannte Bohren,das Zucken, Rucken und Rumoren,und aus ist´s mit der Weltgeschichte,vergessen sind die Kursberichte,die Steuern und das Einmaleins,kurz, jede Form gewohnten Seins,die sonst real erscheint und wichtig,wird plötzlich wesenlos und nichtig.Ja, selbst die alte Liebe rostet,man weiß nicht, was die Butter kostet,denn einzig in der engen Höhledes Backenzahnes weilt die Seele,und unter Toben und Gesausreift der Entschluß: Er muß heraus!
Die Zeit, sie orgelt emsig weiter, Sein Liedchen singt dir jeder Tag, Vermischt mit Tönen, die nicht heiter, Wo keiner was von hören mag. Sie klingen fort. Und mit den Jahren Wird draus ein voller Singverein. Es ist, um aus der Haut zu fahren. Du möchtest gern wo anders sein. Nun gut. Du mußt ja doch verreisen. So fülle denn den Wanderschlauch. Vielleicht vernimmst du neue Weisen, Und Hühneraugen kriegst du auch.
Wer einsam ist, der hat es gut,Weil keiner da, der ihm was tut.Ihn stört in seinem LustrevierKein Tier, kein Mensch und kein Klavier,Und niemand gibt ihm weise Lehren,Die gut gemeint und bös zu hören.Der Welt entronnen, geht er stillIn Filzpantoffeln, wann er will.Sogar im Schlafrock wandelt erBequem den ganzen Tag umher.Er kennt kein weibliches Verbot,Drum raucht und dampft er wie ein Schlot.Geschützt vor fremden Späherblicken,Kann er sich selbst die Hose flicken.Liebt er Musik, so darf er flöten,Um angenehm die Zeit zu töten,Und laut und kräftig darf er prusten,Und ohne Rücksicht darf er husten,Und allgemach vergißt man seiner.Nur allerhöchstens fragt mal einer:Was, lebt er noch? Ei, Schwerenot,Ich dachte längst, er wäre tot.Kurz, abgesehn vom Steuerzahlen,Läßt sich das Glück nicht schöner malen.Worauf denn auch der Satz beruht:Wer einsam ist, der hat es gut.
Siehst du das wunderbare Bild von Brouwer?Es zieht dich an, wie ein Magnet.Du lächelst wohl, derweil ein SchreckensschauerDurch deine Wirbelsäule geht.Ein kühler Doktor öffnet einem ManneDie Schwäre hinten im Genick;Daneben steht ein Weib mit einer Kanne,Vertieft in dieses Mißgeschick.Ja, alter Freund, wir haben unsre SchwäreMeist hinten. Und voll SeelenruhDrückt sie ein andrer auf. Es rinnt die Zähre,Und fremde Leute sehen zu.
Miezel, eine schlaue Katze,Molly, ein begabter Hund,Wohnhaft an demselben Platze,Haßten sich aus Herzensgrund. Schon der Ausdruck ihrer MienenBei gesträubter HaarfrisurZeigt es deutlich: Zwischen ihnenIst von Liebe keine Spur. Doch wenn Miezel in dem Baume,Wo sie meistens hin entwich,Friedlich dasitzt wie im Traume,Dann ist Molly außer sich. Beide lebten in der Scheune,Die gefüllt mit frischem Heu.Alle beide hatten Kleine,Molly zwei und Miezel drei. Einst zur Jagd ging Miezel wiederAuf das Feld: Da geht es bumm.Der Herr Förster schoß sie nieder.Ihre Lebenszeit ist um. Oh, wie jämmerlich miauenDie drei Kinderchen daheim.Molly eilt, sie zu beschauen,Und ihr Herz geht aus dem Leim. Und sie trägt sie kurz entschlossenZu der eignen Lagerstatt,Wo sie nunmehr fünf GenossenAn der Brust zu Gaste hat. Mensch, mit traurigem Gesichte,Sprich nicht nur von Leid und Streit.Selbst in Brehms NaturgeschichteFindet sich Barmherzigkeit.
Sie war ein Blümlein hübsch und fein,Hell aufgeblüht im Sonnenschein.Er war ein junger Schmetterling,Der selig an der Blume hing.Oft kam ein Bienlein mit GebrummUnd nascht und säuselt da herum.Oft kroch ein Käfer kribbelkrabAm hübschen Blümlein auf und ab.Ach Gott, wie das dem SchmetterlingSo schmerzlich durch die Seele ging.Doch was am meisten ihn entsetzt,Das Allerschlimmste kam zuletzt.ein alter Esel fraß die ganzeVon ihm so heiß geliebte Pflanze.
Zwiefach sind die Phantasien, Sind ein Zauberschwesternpaar, Sie erscheinen, singen, fliehen Wesenlos und wunderbar. Eine ist die himmelblaue, Die uns froh entgegenlacht; Doch die andre ist die graue, Welche angst und bange macht. Jene singt von lauter Rosen, Singt von Liebe und Genuß; Diese stürzt den Hoffnungslosen Von der Brücke in den Fluß.
Mein Sohn, hast du allhier auf Erden Dir vorgenommen, was zu werden, Sei nicht zu keck; Und denkst du, sei ein stiller Denker. Nicht leicht befördert wird der Stänker. Mit Demut salbe deinen Rücken, Voll Ehrfurcht hast du dich zu bücken, Mußt heucheln, schmeicheln, mußt dich fügen; Denn selbstverständlich nur durch Lügen Kommst du vom Fleck. Oh, tu´s mit Eifer, tu´s geduldig, Bedenk, was du dir selber schuldig. Das Gönnerherz wird sich erweichen, Und wohl verdient wirst du erreichen Den guten Zweck.
Zwar mit seinem losen Mundneigt er zur Krakeele.Dabei ist er doch im Grundeiner treue Seele.Die er seine Freunde nennt,dulden seine Witze,denn ein jeder, der ihn kennt,kennt auch seine Mütze.