Sie spähen, lauschen, geben acht
Auf alles, was geschiehet,
Was jeder treibt, was jeder macht,
Was jeder redet laut und sacht,
Nichts ihnen sich entziehet.

Durch Fenster ihre Blicke spähn,
Ihr Ohr lauscht an den Thüren,
Es darf nichts unbemerkt geschehn,
Die Katz nicht auf dem Dache gehn
Daß sie es nicht erführen.

Des Menschen Geist, Gedanken, Werth,
Das spitzt nicht ihre Ohren;
Wie viel alljährlich er verzehrt
Und ob mit Recht der Mann gehört
Zu den Honoratioren.

Ob er zuerst zu grüßen ist,
Ob »Herr von« und gnädig,
Ob Rath nur oder Canzelist,
Luther´scher oder röm´scher Christ,
Verehelicht oder ledig.

Sein Haus wie groß, sein Rock wie fein,
wird gründlich wohl erwogen,
Doch: kann er uns von Nutzen sein?
Wird jeder Rücksicht groß und klein
Wie billig vorgezogen.

Sonst frägt sich´s, was hält er von uns,
Von uns wie denkt und spricht er?
Da frägt man nach bei Hinz und Kunz,
Wiegt seine Wort´ mit Loth und Unz,
Erspähet die Gesichter.

Arthur Schopenhauer
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