Nimm die Lieder, seelentflossen,
Nimm die Thränen, heißvergossen,
Nimm die Seufzer, bang´ und trüb,
Nicht für thörichte Beschwörung
Um Erwied´rung und Erhörung
Meiner Lieb!

Wandle fort auf Deinen Bahnen!
Folge den mir fremden Fahnen!
Wär´ die Macht, die mir gebricht,
Mein, zu einen unsre Loose,
Glaub´, mein Herz, das stolze, große,
Thät´ es nicht.

Müßte mich nicht Scham durchdringen,
Wollte ich erfleh´n, erzwingen,
Was mir frei nicht wird gewährt?
Nichts will ich dem Herzen gelten
Das den Kern nicht seiner Welten
In mir ehrt!

Geh denn hin! vergiß auf immer
Wie du einst bei Sterngeflimmer
Mich als Deine Braut gegrüßt,
Wie mir Seel´ und Sinn zusammen
Von der Liebesworte Flammen
Wund geküßt!

Wie – genug! du sollst vergessen,
Daß Du jemals mich besessen,
Daß ich war und daß ich bin!
Sollst verwandeln mich zum Traume,
Der aus erdenfernem Raume
Dir erschien!

Sollst in meiner Lieder Chören
Nicht die Menschenstimme hören,
Nur den Gruß der Leidenschaft,
Welt und Schmerz und Tod bezwingend,
Aus dem Jenseits zu dir klingend
Geisterhaft.

Betty Paoli

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österreichische Lyrikerin und Essayistin, Novellistin, Übersetzerin
* 30.12. 1814 - Wien
5.7. 1894 - Baden bei Wien
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