Der schnellste Reiter ist der Tod,
Er überreitet des Morgenroth,
Des Wetters rasches Blitzen;
Sein Roß ist fahl und ungeschirrt,
Die Senne schwirrt, der Pfeil erklirrt
Und muß im Herzen sitzen.

Durch Stadt und Dorf, über Berg und Thal,
Im Morgenroth, im Abendstrahl,
Geht´s fort in wildem Jagen;
Und wo er floh im Ungestüm,
Da schallen Glocken hinter ihm
Und Grabeslieder klagen.

Er tritt herein in den Prunkpalast,
Da wird so blaß der stolze Gast,
Und läßt von Wein und Buhle.
Er tritt zum lustigen Hochzeitsschmaus,
Ein Windstoß löscht die Kerzen aus,
Bleich lehnt die Braut im Stuhle.

Dem Schöffen blickt er in´s Gesicht,
Der just das weiße Stäblein bricht,
Da sinkt´s ihm aus de Händen;
Ein Mägdlein windet Blüth´ und Klee,
Er tritt heran – ihr wird so weh –
Wer mag den Strauß vollenden?

Drum sei nicht stolz, o Menschenkind!
Du bist dem Tod wie Spreu im Wind,
Und magst du Kronen tragen.
Der Sand verrinnt, die Stunde schlägt,
Und eh´ ein Hauch dies Blatt bewegt,
Kann auch die deine schlagen.

Emanuel Geibel
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