Die Liebe hält im Mutterarm
Den zarten Säuglin sanft und warm,
Sie weidet sich, ihn anzuschau´n
In hoffnungsvollem Gottvertrau´n.

Er wächst empor in Lust und Kraft,
Er träumt von früher Meisterschaft;
Er reißt sich los vom Vaterhaus
Und wagt sich in die Welt hinaus.

O, Zuversicht und Jugendblut,
Wie schön vollendet ihn der Mut!
Er reift zum Mann, er kehrt zurück,
Er baut sein Haus und sucht sein Glück.

Zum höchsten Ziel strebt er hinan,
Setzt rüstig Leib und Leben dran;
Allein erschöpft sich seine Kraft,
Bevor er noch sein Werk geschafft.

Er schaut zurück auf seine Bahn,
sie fing so vielversprechend an;
Was ist das Ziel? Was ist der Preis?
Ach, karge Freude, saurer Schweiß!

Sein Leben war ein kurzer Schritt,
Das Ganze flutend riß ihn mit,
Es lockte hier, es trieb ihn dort,
Zog ihn heran und stieß ihn fort.

Die Millionen zählen nur,
Der einzelne läßt keine Spur,
Er stirbt; die Lücke füllt sich aus,
Noch ehe man ihn trägt vom Haus.

Still ist sein bleiches Angesicht,
Als wüßt´ er und empfänd´ er nicht,
Was unerfüllte Wünsche sind,
Und überm Grabe saust der Wind.

Doch Klage ziemt deshalb uns nicht:
Was Gott gewollt, ist unsre Pflicht,
Und was wir sind in That und Wort,
Das pflanzt sich lebend weiter fort.

In unsers Daseins Sorg´ und Qual
Ist uns gewährt ein Hoffnungsstrahl,
Wie sehn empor in Seelenruh Und streben der Vollendung zu.

Wir schau´n aus dieser kleinen Welt
Hinaus in Gottes Sternenzelt,
Und leben auf dem Erdenball
Das Leben nur im großen All.

Friedrich Maximilian Hessemer
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