Jedweder trägt in sich den Tod,
Wenn´s außen noch so gleißt und lacht,
Heut wandelst du im Morgenrot
Und morgen in der Schatten Nacht.

Was klammerst du dich also fest,
O Mensch! an diese Welt, den Traum?
Laß ab, laß ab, eh´ sie dich läßt,
Oft fällt die Frucht unreif vom Baum.

Ruf auf, ruf auf den Geist, der tief
Als wie in eines Kerkers Nacht
Schon längst in deinem Innern schlief,
Auf daß er dir zum Heil erwacht!

Aus hartem Kieselsteine ist
Zu locken ird´schen Feuers Glut,
O Mensch, wenn noch so hart du bist,
In dir ein Funke Gottes ruht.

Doch wie aus hartem Steine nur
Durch harten Schlag der Funke bricht,
Erfordert´s Kampf mit der Natur,
Bis aus ihr bricht das Gotteslicht.

Drum ringe, schaffe, bis der Geist,
Tut´s auch dem Fleische weh, gesiegt,
Sich aus der Nacht zum Lichte reißt
Und unter ihm die Schlacke liegt.

Justinus Kerner

Mehr von

deutscher Arzt und Dichter der schwäbischen Romantik, Romanautor
* 18.9. 1786 - Ludwigsburg
22.2. 1862 - Weinsberg
Bitte anmelden, um Kommentare zu sehen und zu posten

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.