Und als ich auf das Postamt stampfte,
Mir eine Marke zu erstreiten,
Addiert gerade der Beampfte
Mal wieder seine Bogenseiten.

So stand ich denn zum Schalter lugend,
Bis sich die müden Beine bogen.
Denn die Geduld ist eine Tugend,
Und ich bin äußerst gut erzogen.

Es kamen Männlein, kamen Frauen,
Nach Marken ebenfalls begierig,
Sacht fing mein Haar an zu ergrauen,
Addieren scheint mitunter schwierig.

Ein Ungeduld‘ger klopft‘ und stampfte
An‘s Fenster, sich die Zeit zu kürzen -
Da wurde irr‘ der Herr Beampfte,
Ja nun, man soll nichts überstürzen!

Weil ich schon öfters dagewesen,
Ein Buch ich aus der Tasche krampfte.
Drei Bände hatt‘ ich schon gelesen.
Noch immer rechnet der Beampfte.

Die Menge wuchs bis zur Fassade,
Indes der Schweiß in Strömen dampfte,
Großmutter ward zum Säugling grade,
Und es addierte der Beampfte.

Und toller wurde das Gewimmel,
Und manchen Quietscher konnt´ ich hören,
Moos wuchs am Schalterglas und Schimmel,
Nichts kann den Rechenkünstler stören.

Den Beampften, heiß umworben,
Ihn rührt kein Fluchen, kein Gewimmer,
Und wenn der Gute nicht gestorben,
Dann lebt und addiert er heut noch immer…

Karl (Karlchen) Ettlinger
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