Geht nach dem Morgenland; vernehmt die Weisen,
die einst zum Saitenspiele dort erklungen.
Sie sollten Gott, den Einzigen, nur preisen
und wurden doch für andre auch gesungen.
Die Sänger starben, doch seht ihr die Noten
der Lieder noch, wenn ihr vor Säulen steht,
und mit dem Auge hört ihr noch der Toten
Gesänge, wenn ihr durch die Trümmer geht.
Die Psalter und die Harfen sind zerbrochen,
zu denen Davids Stimme man gehört,
und wo der Herr durch Steine einst gesprochen,
liegt ihre Harmonie, ihr Reim zerstört.
Doch seht ihr wo ein Kapitäl noch ragen,
ein steinern Lied, im zarten Mondesschein,
so dürft ihr im Gedicht es heimwärts tragen
und der Verstorbnen fromme Erben sein.
Geht nach dem Morgenland; vernehmt die Weisen,
die dorten einst in Wort und Werk erklungen.
Sie sollten Gott, den Einzigen, nur preisen
und wurden doch für ihn nicht ausgesungen.
Die Töne hört, die sich aus Trümmern ringen;
vernehmt ihr Klagen, und befreiet sie;
dann wird in Euern Liedern neu erklingen
des Morgenlandes Gottespoesie!

Karl May

Mehr von

deutscher Schriftsteller
* 25.2. 1842 - Ernstthal, Sachsen , Deutschland
30.3. 1912 - Radebeul, Sachsen , Deutschland
Bitte anmelden, um Kommentare zu sehen und zu posten

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.