Vor fünfundzwanzigtausend und
Fünfhundertfünfzig Tagen stund
Ich ziemlich in Gefahr,
Denn schwer ward ich zur Welt gebracht,
Doch hat´s den Eltern Freud´ gemacht,
Daß ich ein Büblein war.

Ja siebzig Jahre sind es schon,
Daß meiner Frau, der Appollon´,
Nichts ahnte von dem Glück.
Wie bitter hat mich nun gemahnt,
Seit ich zum erstenmal gezahnt,
Des Lebens Ungeschick!

Und doch, obschon ein Siebziger,
Bin ich ein Mensch ein glücklicher:
Kaum einmal war ich krank.
Zwar unberufen sag´ ich´s nur,
Es denkt mir nicht, daß ich Mixtur
Aus meinem Glase trank.

Vonnöten hab´ ich keine Krück´,
Und keine Brille für den Blick,
Ich hör´ und schmecke gut;
Was schreib´ ich eine feste Hand!
Gottlob es ist mir unbekannt
Das Zipperlein, wie´s tut.

Nur geht es mir wie jedem Greis,
Daß mir die Zähne reihenweis
Ausfallen kreuz und quer;
Doch tröstet mich der Umstand auch
Daß ich jetzt nicht zu beißen brauch In saure Äpfel mehr.

Und wird auch mein Gedächtnis schwach,
Daß ich oft letze Sachen mach´,
So weiß ich doch noch scharf,
Zu unterscheiden Bös und Gut,
Und was ein Christenmensch voll Mut
Zur Seligkeit bedarf.

Ja loben muß ich Gott darum,
Daß er so alt und doch nicht dumm
Mich zeitlich werden läßt.
Ein unzufried´ner Jubilar?
Er wäre ja ganz undankbar
Für ein so selt´nes Fest!

Ludwig Eichrodt
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