Muttersprache, Mutterlaut!
Wie so wonnesam, so traut!
Erstes Wort, das mir erschallet,
Süßes, erstes Liebeswort,
Erster Ton, den ich gelallet,
Klingest ewig in mir fort.

Ach, wie trüb ist meinem Sinn,
Wenn ich in der Ferne bin,
Wenn ich fremde Zungen üben,
Fremde Worte brauchen muß,
Die ich nimmermehr kann lieben,
Die nicht klingen als ein Gruß!

Sprache, schön und wunderbar,
Ach wie klingest du so klar!
Will noch tiefer mich vertiefen
In den Reichtum, in die Pracht:
Ist mir´s doch, als ob mich riefen
Väter aus des Grabes Nacht.

Klinge, fort und Fort!
Heldensprache, Liebeswort,
Steig´ empor aus tiefen Grüften,
Längst erschollnes altes Lied!
Leb´ auf´s neu in heil´gen Schriften,
Daß dir jedes Herz erglüht.

Überall weht Gottes Hauch,
Heilig ist wohl mancher Brauch;
Aber soll ich beten, danken,
Geb´ ich meine Liebe kund:
Meine seligsten Gedanken
Sprech´ ich wie der Mutter Mund.

Max von Schenkendorf

Zusätzliche Informationen

»Dichtergrüße«, neuere deutsche Lyrik ausgewählt von Elise Polko, erschienen bei C. F. Amelangs Verlag in Leipzig 1884
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