Mensch, du armer,
Lebengehetzter,
Ewig hoffender,
Ewig getäuschter
Tantalus.

Vor dir der Hoffnung
Gastliche Schatten,
Saftige Trauben;
Ach und, Lechzender,
Streckst du die Hände,
Fliehet der Schein.

Hinter dir, Armer,
Der Erinnerung
Goldener Traum –
Dürftest du kehren!
Doch blutig vorwärts
Hetzt dich das Leben.

Ach, was vorüber,
Bannt dir kein Zauber –
Und zum Vergangnen
Führt keine Bahn!

Ach und die Sonne
Senkrecht die Spitzen
Bohrt in den Scheitel;
Blutig die Steine
Netzet der Fuss.

Wimmerst zum Himmel:
Rettet, o Götter!
Wimmerst umsonst,
Himmlischen Nektar
Schlürfen die Seligen,
Hören dich nicht.

Mächtige Stimme
Schicket das Unglück,
Aber des Glückes
Ohren sind taub.
Stete Sonne
Härtet den Boden:
Suche nicht Hilfe
Bei Glücklichen.

Seitwärts lachen
Kinderumspielte,
Weinlaubumkränzte
Freundliche Hütten,
Winken dem Müden
Offene Arme,
Ladet den Hungernden
Gastlicher Rauch.

O lass mich weilen,
Lass mich, o Leben,
Zürnender Treiber,
Ruhen nur lass mich,
Kurze Erquickung nur
Gönne dem Müden!

Aber der kalte
Finstere Treiber
Kennt nicht Erbarmen,
Hetzt ihn vorüber,
Den Weinenden.

Mensch, du armer,
Lebengehetzter,
Ewig hoffender,
Ewig getäuschter
Tantalus.

Otto Ludwig
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