Du im voraus
verlorne Geliebte, Nimmergekommene,
nicht weiß ich, welche Töne dir lieb sind.
Nicht mehr versuch ich, dich, wenn das Kommende wogt,
zu erkennen. Alle die großen
Bilder in mir, im Fernen erfahrene Landschaft,
Städte und Türme und Brücken und
unvermutete Wendungen der Wege
und das Gewaltige jener von Göttern
einst durchwachsenen Länder:
steigt zur Bedeutung in mir
deiner, Entgehende, an.

Ach, die Gärten bist du,
ach, ich sah sie mit solcher
Hoffnung. Ein offenes Fenster
im Landhaus –, und du tratest beinahe
mir nachdenklich heran. Gassen fand ich, –
du warst sie gerade gegangen,
und die Spiegel manchmal der Läden der Händler
waren noch schwindlich von dir und gaben erschrocken
mein zu plötzliches Bild. – Wer weiß, ob derselbe
Vogel nicht hinklang durch uns
gestern, einzeln, im Abend?

Rainer Maria Rilke
Du im voraus verlorne Geliebte, Nimmergekommene, nicht weiß ich, welche Töne dir lieb sind. Nicht… - Rainer Maria Rilke Gedichte
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Zusätzliche Informationen

Rilke »Gedichte 1906 bis 1926. Vollendetes«, nach der von Ernst Zinn besorgten Edition der Sämtlichen Werke, Insel Verlag 1957
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