Durch das Dunkel meiner Nächte
Lockt ein leiser Geigenton –
Jubel zittert drin, als brächte
Er den frohen Frühling schon.
Wie von blühenden Syringen
Weht´s von neu begrüntem Hag,
Und ein selig süßes Singen
Kündet einen neuen Tag.

Aus dem Meer in heil´ger Frühe
Hebt die Sonne ihr Gesicht,
Daß sie weckend übersprühe
Rings die Welt mit goldnem Licht.
Alle Schleier sind genommen
Von den Höhen fern und nah –
Und nun weiß ich´s Du wirst kommen,
Wie ich dich im Traume sah.

Licht, im flatternden Gewande,
Mit dem Schwebeschritt der Feen,
Wirst du durch der jungen Lande
Blau erblühte Veilchen gehn.
Was an trägen Träumen hauste
In der Brust mir, machst du frei.
Daß dein Auge mir die blauste
Blume meines Frühlings sei.

Schmerzlos schließt sich alte Wunde,
Und zum Lächeln wird der Harm.
Ach, und eine sel´ge Stunde
Halt´ ich, Liebste, dich im Arm.
Hinter fest verschlossnen Türen
Lieg´ ich stumm und liebesmatt,
Und an heiß gehauchten Schwüren
Trinkt sich meine Seele satt…

Lautlos und auf zagen Zehen,
Wie ein schüchtern Mädchen schier,
Wie du kamst, so wirst du gehen
So aus Traum und Leben mir,
Und des Sommerüberflusses
Wohltat wird mir nie gedeihn –
Ein Erinnern deines Kusses
Schläft auf meinen Lippen ein.

Nur in meiner Sehnsucht Sängen
Zwing´ und faß´ und fühl ich dich -
Und des Abschieds Tränen hängen
Schwer an meine Lieder sich.
Wink der dunklen Schicksalsmächte
Stieß ein junges Glück vom Thron –
Durch das Dunkel meiner Nächte
Klagt ein leiser Geigenton…

Rudolf Presber

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deutscher Journalist und Dichter, Dramatiker, Romancier, Erzähler
* 4.7. 1868 - Frankfurt/Main
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