Am altersgrauen Baum der Zeitist eine Blume abgeblüht,und eine Knospe tut sich auf.Die Menschheit seufzt in gleicher Fron;von ihrer müden Stirne fälltder Schweiß in Tropfen erdenwärts.Ihr Glaube aber träumt im Licht:vor ihren Sehnsuchtsblicken schwimmtdas Morgenrot des neuen Tags.Wie auch die Kette klirrt und drückt,der Zukunft Sturm zerbricht sie doch, –und jedes Jahr löst einen Ring.Und jede Knospe, die erblühtam altersgrauen Baum der Zeit,birgt einen Keim der künftigen Frucht.So grüß ich dich, du neues Jahr;du junge Knospe tu dich auf,und blüh´ in lichtem Rosenrot!Des Friedens milder Maienwindumspiele deinen vollen Schoß,der Liebe Geist befruchte dich!Und deine Düfte gieße aus, –mit Blütenblättern kränze duder Menschheit tiefgefurchte Stirn.In des Jahrhunderts Niedergangsei du ein lichter Zukunftstraum,sei du ein Gruß der neuen Zeit!
Ist das ein Ostern! – Schnee und Eishielt noch die Erde fest umfangen;frostschauernd sind am Weidenreisdie Palmenkätzchen aufgegangen.Verstohlen durch den Wolkenflorblitzt hie und da ein Sonnenfunken –es war, als sei im Weihnachtstraumdie schlummermüde Welt versunken.Es war, als sollten nimmermehrins blaue Meer die Segel gehen, –im Park ertönen Finkenschlag,und Veilchenduft das Tal durchwehen. –Und dennoch, Seele, sei gewiß:Wie eng sich auch die Fesseln schlingen,es wird der Lenz, das Sonnenkind,dem Schoß der Erde sich entringen.Dann sinkt dahin wie Nebelflorauch all dein Weh und deine Sorgen,und veilchenäugig lacht dich anein goldner Auferstehungsmorgen! –
In kindlicher Seeleerdämmert die Liebe,wie Grünes der Erdeim Frühling entkeimt.Im Herzen der Jungfrauda knospet die Liebe,von künftiger Herrlichkeitsinnend sie träumt.Bis daß sie im Herzendes Weibes entfaltetzu üppigster Blüteberauschend erprangt.Im Herzen der Mutterzur edelsten Reife,zur Krone des Alls,zur Vollendung gelangt.
Meine Blütenjahre sindungenutzt dahingeflossen;denn das Glück hielt seine Pfortenneidisch vor mir zugeschlossen.Lachend schaut es durch den Spalt,nun des Sommers Rosen starben –und von seinem Erntefeldebeut es mir die reifen Garben.
Nun bleichen die Sterne im Dämmergrau, und die Geister schweben von hinnen – und ich möchte dich halten, du blühender Traum und fühle dich schon zerrinnen! Ich möchte dich malen als wonniges Lied, mit glühenden Reizen dich schmücken – die Farbe ist blaß und die Form zerrinnt und es will kein Strich mir glücken. Ich möchte dich singen als jubelndes Lied der kommenden Sonne entgegen – das Wort versagt und die Stimme bricht vor des Herzens wogenden Schlägen. Wer faßt den sprühenden Schaum? Wer bannt der Stunde flüchtige Sohle? Wer fängt den Strahl und wer hascht den Duft der träumenden Nachtviole?!
In den verdämmernden Herbsttag hineinzauberst du lachenden Sonnenschein,und aus der Blätter vergilbendem Florblühen dir duftige Veilchen empor,träumende Seele –Tönt denn der Glocken dumpfhallender Klangdir wie ein schmetternder Lerchengesang?Siehst du der Erde verweintes Gesicht,fühlst du die eisigen Nebel denn nicht,träumende Seele? –Träume nur, träume… der Frühling ist weit;Rosen hat´s nimmer im Winter geschneit –dumpf; nur und klagend, verweht vom Nordwest,läuten die Glocken zum Totenfest.Träume nur, Seele…
Nicht im Rosenschmuck der Jugendfand ich dich und liebt ich dich,grau schon ringelten die Lockenum der Stirne Weisheit sich,doch in deinem Kusse lodertungezähmte Jugendkraft,stimmt die Harfe meiner Seelezur Musik der Leidenschaft. –Deine grauen Haare bergen,was in deiner Seele ruht,wie die Asche des VulkanesZeuge ist der innern Glut,und aus deiner Augen Tiefen,sprühet blitzend, göttlich rein,ewig junges Leben kündend,deines Geistes Feuerschein.