Auf meinen Lippen brennt dein Kuß,er brennt wie Feuer und Sünde,er brennt wie himmlischer Hochgenußund macht mich zum schwachen Kinde.Viel wilde Rosen erblühn und glühnund glühn und verwelken am Hage –und der Wald ist duftig, der Wald ist grünam leuchtenden Julitage ...Vom Meer herauf die Sonne grüßt,Tautropfen am Riedgras beben: – wir haben uns kaum Willkommen geküßtund sollen uns Abschied geben!Und gehen sollst du, geliebter Mann,mit all´ dem zitternden Bangen,mit der ungelöschten Glut hindann –und durften uns kaum umfangen.Wie lange währt es, so schwillt der Wein,Im Felde die Sicheln klingen;all´, was da blühte im Sonnenschein,wird reifen und Früchte bringen.Die Luft wird kühl, und das Laub verdorrt,Schnee liegt auf Hängen und Hagen …wir aber werden von Ort zu Ortdie zehrenden Gluten tragen.
In den verdämmernden Herbsttag hineinzauberst du lachenden Sonnenschein,und aus der Blätter vergilbendem Florblühen dir duftige Veilchen empor,träumende Seele –Tönt denn der Glocken dumpfhallender Klangdir wie ein schmetternder Lerchengesang?Siehst du der Erde verweintes Gesicht,fühlst du die eisigen Nebel denn nicht,träumende Seele? –Träume nur, träume… der Frühling ist weit;Rosen hat´s nimmer im Winter geschneit –dumpf; nur und klagend, verweht vom Nordwest,läuten die Glocken zum Totenfest.Träume nur, Seele…
Nicht, daß du ihm ein prächtig Denkmal baust,mit tausend Tränen seine Gruft betaust,und heimlich hoffst, daß euch der Tod vereint,nicht dadurch ehrst du den gestorbnen Freund.Wenn du das Werk, das ihm nicht mehr gelang,bis an sein Ende führst mit Treu und Dank,wenn deine Hand die Blütenkrone hegtdes Baumes, den er knospend einst gepflegt,wenn dem, was er geliebt, dein Herz erglüht,so daß in dir sein Wesen nochmals blüht,so daß du lebst und schaffst in seinem Geist:das ist´s, wodurch du ihn dem Tod entreißt.
Kein Glück! So hat die Alte mir mit fahlem Lächeln prophezeit, wer in der Liebe Spuren geht, des Weggenoß heißt Herzeleid. Kein Glück! Ich ging durch Klamm und Kluft stieg gipfelauf in Mittagglast und trank der Sonne rotes Blut und mit mir trank der bleiche Gast. Kein Glück! Ich trug den Demantkranz, das Purpurkleid im Märchenschloß, und steh nun doch an Abgrunds Rand – und leise lacht mein Weggenoß.
Am altersgrauen Baum der Zeitist eine Blume abgeblüht,und eine Knospe tut sich auf.Die Menschheit seufzt in gleicher Fron;von ihrer müden Stirne fälltder Schweiß in Tropfen erdenwärts.Ihr Glaube aber träumt im Licht:vor ihren Sehnsuchtsblicken schwimmtdas Morgenrot des neuen Tags.Wie auch die Kette klirrt und drückt,der Zukunft Sturm zerbricht sie doch, –und jedes Jahr löst einen Ring.Und jede Knospe, die erblühtam altersgrauen Baum der Zeit,birgt einen Keim der künftigen Frucht.So grüß ich dich, du neues Jahr;du junge Knospe tu dich auf,und blüh´ in lichtem Rosenrot!Des Friedens milder Maienwindumspiele deinen vollen Schoß,der Liebe Geist befruchte dich!Und deine Düfte gieße aus, –mit Blütenblättern kränze duder Menschheit tiefgefurchte Stirn.In des Jahrhunderts Niedergangsei du ein lichter Zukunftstraum,sei du ein Gruß der neuen Zeit!
So laß uns trinken den letzten Trank,den Trank, der nicht verschäumt,in dessen Tiefen die Perle versank,die unsere Jugend erträumt.Leere das Glas bis auf den Grund,singe dein Lied bis zum Schluß –von meinem glutweinfeuchten Mundtrinke den letzten Kuß.Siehst du, wie tief schon die Sonne stehtund wie so rot ihr Licht? –Und ob sie in funkelnden Wassern zergeht,uns beiden, uns stirbt sie nicht.Uns leuchtet die Nacht, die niedersinkt,und ladet zum letzten Genuß –Und unsere lebendige Seele ertrinktjauchzend im Schöpferkuß.
Ist das ein Ostern! – Schnee und Eishielt noch die Erde fest umfangen;frostschauernd sind am Weidenreisdie Palmenkätzchen aufgegangen.Verstohlen durch den Wolkenflorblitzt hie und da ein Sonnenfunken –es war, als sei im Weihnachtstraumdie schlummermüde Welt versunken.Es war, als sollten nimmermehrins blaue Meer die Segel gehen, –im Park ertönen Finkenschlag,und Veilchenduft das Tal durchwehen. –Und dennoch, Seele, sei gewiß:Wie eng sich auch die Fesseln schlingen,es wird der Lenz, das Sonnenkind,dem Schoß der Erde sich entringen.Dann sinkt dahin wie Nebelflorauch all dein Weh und deine Sorgen,und veilchenäugig lacht dich anein goldner Auferstehungsmorgen! –
Laß fließen alle Wunden!Erst wenn dein Blut zu ebben kommt,wirst du gesunden.O Wonne, so zu geben,was dir aus tiefster Seele quillt:dein starkes, reiches Leben!O Wonne, so zerfließenund aller Schmerzen Glut und Qualins ewige Nichts ergießen…
Und nun: der Wind geht hohl und schwer, in weißen Wogen schäumt das Meer – nun ist der Herbst gekommen und hat vom Feld den Morgentau und hat das letzte Stückchen Blau vom Himmel weggenommen. Und nun fahr hin! – Es rauscht und zieht durch dunkle Luft ein dunkles Lied; ich mag nicht ruhn und träumen. Ich liege wach die ganze Nacht und horche auf die heiße Schlacht, das Stöhnen in den Bäumen. Und nun fahr hin. Das war ein Jahr, so früchtereif, so freudenklar . . . nun laß die Blätter treiben. Fahr hin! Die Saat von deiner Hand, die Ernte, die in Halmen stand, muß doch mein eigen bleiben.
Meine Blütenjahre sindungenutzt dahingeflossen;denn das Glück hielt seine Pfortenneidisch vor mir zugeschlossen.Lachend schaut es durch den Spalt,nun des Sommers Rosen starben –und von seinem Erntefeldebeut es mir die reifen Garben.