Die Büsumer wohnen am MeeresstrandUnd sind für kluge Leute bekannt,Nur treiben sie die BescheidenheitIn manchem Stücke gar zu weit.Des einen Sonntags ihrer neunSchwimmen sie weit in die See hinein.Auf einmal, wie das Meer so schwankst,Wird einem um die andern Angst,Und zählt sie alle: Eins, zwei, drei,Bis acht - und läßt sich aus dabei,Denn er ist echtes Büsumer Kind,Die immer so bescheiden sind.Ein zweiter probierts, zählt: Eins, zwei, drei,Bis acht - und vergißt sich auch dabei.Da schwimmen sie alle bestürzt ans Land,Wo eben ein kluger Fremder stand.Dem klagten sie jammernd ihre NotUnd sagten: Von uns ist einer tot!Und wußten nicht, welcher ertrunken sei!Und jammern und zählen immer aufs neu,Und finden immer nur wieder acht,Weil jeder bescheiden an sich nicht gedacht.Der Fremde sprach: BescheidenheitFührt euch, ihr guten Leute, zu weit,Steck jeder die Nas in den Sand einmal,Und zählt die Tupfen, so habt ihr die Zahl.Sie folgten dem Fremden, da zählten sie - neun!Und luden vor Freud ihn zum Frühstück ein.
Es tönt des Nöcken Harfenschall:Da steht sogar still der Wasserfall,Umschwebt mit Schaum und WogenDen Nöck im Regenbogen.Die Bäume neigenSich tief und schweigen,Und atmend horcht die Nachtigall. –"O Nöck, was hilft das Singen dein?Du kannst ja doch nicht selig sein!Wie kann dein Singen taugen?"Der Nöck erhebt die Augen,Sieht an die Kleinen,Beginnt zu weinen...Und senkt sich in die Flut hinein.Da rauscht und braust der Wasserfall,Hoch fliegt hinweg die Nachtigall,Die Bäume heben mächtigDie Häupter grün und prächtig.O weh, es habenDie wilden KnabenDen Nöck betrübt im Wasserfall!"Komm wieder, Nöck, du singst so schön!Wer singt, kann in den Himmel gehn!Du wirst mit deinem KlingenZum Paradiese dringen!O komm, es habenGescherzt die Knaben:Komm wieder, Nöck, und singe schön!"Da tönt des Nöcken Harfenschall,Und wieder steht still der Wasserfall,Umschwebt mit Schaum und WogenDen Nöck im Regenbogen.Die Bäume neigenSich tief und schweigen,Und atmend horcht die Nachtigall. –Es spielt der Nöck und singt mit MachtVon Meer und Erd und Himmelspracht.Mit Singen kann er lachenUnd selig weinen machen!Der Wald erbebet,Die Sonn entschwebet...Er singt bis in die Sternennacht!
Als Noah aus dem Kasten war,Da trat zu ihm der Herre dar;Der roch des Noäh Opfer fein,Und sprach: "Ich will Dir gnädig sein,Und, weil Du ein so frommes Haus,So bitt´ Dir selbst die Gnaden aus."Fromm Noah sprach: "Ach lieber Herr,Das Wasser schmeckt mir gar nicht sehr,Dieweil darinn ersäufet sind,All´ sündhaft Vieh und Menschenkind.Drum möcht´ ich armer, alter Mann,Ein anderweit Getränke ha´n!" –Da griff der Herr in´s Paradies,Und gab ihm einen Weinstock süß:Und sprach: "Den sollt du pflegen sehr!"Und gab ihm guten Rath und Lehr´,Und wies ihm Alles so und so,Der Noah ward ohn´ Maßen froh.Und rief zusammen Weib und Kind,Dazu sein ganzes Hausgesind,Pflanzt Weinberg´ rings um sich herum;Der Noah war fürwahr nicht dumm!Baut´ Keller dann, und preßt den Wein,Und füllt ihn gar in Fässer ein.Der Noah war ein frommer Mann,Stach ein Faß nach dem andern an,Und trank es aus, zu Gottes Ehr´:Das macht´ ihm eben kein´ Beschwer.Er trank, nachdem die Sündfluth war,Dreihundert noch und fünfzig Jahr.
Wer nur der Weisheit nachgespürt, den halt´ ich noch für keinen Mann:Doch wer die Dummheit ausstudiert, den seh ich für was Rechtes an!Der Weisen Tun errät man leicht: man sieht da noch wann, wie, warum;Bei Dummen kuckt man sich umsonst nach allen diesen Sachen um.Der Dummheit Weg ist wunderbar; niemals erkennet man den Grund,Und fänd´ ihn einer richtig aus, so tät er aller Funde Fund!Denn Dummheit ist die größte Macht, sie führt Heere stärkstes an;Ich glaube, daß sie nie ein Held bekämpfen und besiegen kann.
Im Finstern geh ich suchen,mein Kind, wo steckst Du wohl?Ach, sie versteckt sich immer,daß ich verschmachten soll!Im Finstern geh ich suchen,mein Kind, wo steckst du wohl?Ich, der den Ort nicht finde,ich irr´ im Kreis umher!Wer um dich stirbt,der hat keine Ruh!Kindchen, erbarm dichund komm herzu!
O Seele meiner Seele,Nun weiter keinen Kuß!Weil sonst der Liebe FlammeMich ganz versengen muß.Laß nun das Haupt mich legenAn die ersehnte Brust,Laß mich da Ruhe findenVon Liebesleid und Lust,Von Liebesleid und Lust!
O lieber Rebenbauer,Nimm´s mit dem Wein genauer!Das ist kein Bacharacher,Vielmehr ein Weh und Acher!Mir wird davon bald grauer,Bald blauer, lauer, flauer;Der frißt die stärkste Mauer!Es ist ein SauerauerEin bei dem EssigbauerGeborner Winterschauer!
Niemand soll aus der Welt sich sehnen,Und sei er noch so betagtUnd siech und matt, – wer weiß, wer sagt,Wozu der drobenIhn aufgehoben!?Laßt uns den Herrn im Himmel loben.
Was regt sich dort um Mitternacht?Elz hat das Netz zu Strand gebracht,Die Havel hegt viel Fische.Da rufts von drüben mit fremdem Laut:"Hol über!" so wüst daß Eulen graut,Elz aber frägt: "Wer ruft da?""Hol über!" rufts mit grimmem Ton;Ein andrer wär da bald entflohn,Elz aber ruft: "Wer seid ihr?""Hol über!" rufts mit solcher Wut,Daß her zum Nachen rauscht die Flut,Elz aber nimmt das Ruder,Kennt keine Furcht und keinen Schreck,Er springt ins Schiff und rudert keck,Bis er gelangt zum Strande.Da schleppt sich herab aus wildem WaldEine riesig dunkle GraungestaltIns Schiff wie mit bleiernen Füßen,So schwer, daß fast es niedergeht.Doch Elz stößt ab das Boot und stehtHochschwebend am andern Ende.Wie auch das schwanke Holz erkracht,Elz stehet fest und lenkts mit MachtHin durch den Strom der Havel.Der Fremde blickt ihn furchtbar an,Elz wieder ihn, als echter Mann,Und schwingt gemach das Ruder.Und wie er kommt zum andern StrandSteigt schweren Tritts der Gast ans Land,Elz aber heischt das Fährgeld."Es liegt im Schiff worin ich saß,Den keiner zu fahren sich je vermaßAls du allein, du Kühner!Denn wisse, daß der Tod ich bin:Ich ziehe vor Tage nach GotinUnd alles wird da sterben.Nur du sollst spät mich sonder GraunMit leichten Flügeln wiederschaunAls sanften Seelenlöser."So sprache der Riese und verschwand,Elz aber sah ins Schiff und fandEs strahlend voll von Golde.