Ich fürcht´ nit Gespenster,
Keine Hexen und Feen,
Und lieb´s, in ihre tiefen
Glühaugen zu sehn.

Am Wald in dem grünen
Unheimlichen See,
Da wohnet ein Nachtweib,
Das ist weiß wie der Schnee.

Es haßt meiner Schönheit
Unschuldige Zier;
Wenn ich spät noch vorbeigeh´,
So zankt es mit mir.

Jüngst, als ich im Mondschein
Am Waldwasser stand,
Fuhr sie auf ohne Schleier,
Ohne alles Gewand.

Es schwammen ihre Glieder
In der taghellen Nacht;
Der Himmel war trunken
Von der höllischen Pracht.

Aber ich hab´ entblößet
Meine lebendige Brust;
Da hat sie mit Schande
Versinken gemußt!

Gottfried Keller
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