Es gibt eine Art von stillen Gedichten,Die nichts erfinden und nichts berichten,Die wie mit schlanken, blassen, weichenFingern über die Stirn dir streichen,Die wie ein Hauch mit zagem WehnTräumend öffnen der Seele TürenUnd schwebend durch deine Seele gehn,Worte hauchend im Verwehn,Die dich jählings zu Tränen rühren.
Ist eine alte Uhr in Prag,Verrostet das Werk und der Stundenschlag,Verstummt ihre Stimme im Munde;Zeigt immer die gleiche Stunde.Doch täglich einmal, so tot sie sei,Schleicht zögernd die Zeit an der Uhr vorbei,Dann zeigt sie die richtige Stunde,Wie die Uhren all´ in der Runde.Es ist kein Werk so abgetan,Kommt doch einmal seine Zeit heran,Daß es sein Wirken bekunde,Kommt doch seine richtige Stunde…
Ein Geldschein kam in meine Hand,Von einem Mädchen auf den RandStand hingeschrieben schicksalsschwer:Für dich gab ich die Unschuld her.Wer´s auch geschrieben auf den Rand,Ob zitternd eine bleiche Hand,Die kaum, von Gegenwehr erschöpft,Das dünne Jäckchen zugeknöpft;Wer´s auch geschrieben auf den Rand,Ob einer Dirne müß´ge Hand,Die eben in erlogner LustDen Wüstling drückte an die Brust.Ein fürchterliches Elend schriebDie Zeile, die erhalten blieb,Wenn auch den Schein als UnterpfandEin Wuchrer drehte in der Hand,Wenn auch, des Scheines tiefen SinnNicht achtend, eine KöniginIhn gab für einen Schmuckes Tand –Vom eklem Schmutze starrt sein Rand!Und dennoch bist du schlechter nicht,Trägst du auch schamlos im GesichtDie offne, unbedeckte Schand´:Kein bessrer geht von Hand zu Hand!So kamst du mir und gehst davon,Und gierig streckt nach dir sich schonDer Habsucht spinnendürre Hand,Und weiter wanderst du durchs Land!
Der Abend war selbst wie ein Wunder der Liebe,Sie gingen umschlungen und stumm vor LiebeAus den Feldern dem träumenden Dorfe zu.Sie lehnte sich wärmer an ihn. Sie sagte,So still, als wenn der Abendwind klagte:"Im Korn, das war doch eine Sünde, du!"Er löst seine Hand und Wange von Wange:"Und nennst dus Sünde, daß ich dich umfange,So liebst du mich nicht und liebst mich nicht!"Da schaut sie empor zu dem Zornigen, WildenUnd sieht mit erschrockenen, hilflosen, mildenAugen dem Liebsten ins Angesicht,Und lächelt in Tränen und löst die bleichen,Bebenden Lippen und sagt mit weichenWorten zum Liebsten: "Das sagst du mir?"Und schlingt den Arm um den trotzigen Knaben:"Daß wir das Korn so zerbrochen haben,Das war eine Sünde. Das sag´ ich dir."
Mich führt allmorgen mein AndachtsgangDurch die leuchtenden Wiesen zum BaumAm Saum des Walds zu der einsamen Bank,Sie steht dort als wie im Traum.Waldboden, schattig, doch sonnfleckenhell,Du bist hier noch schimmernde Au,Waldanfang und -Ende durchmurmelt vom Quell,Dem Auge seligste Schau.O Grün der Wiesen, o Grün des Walds,Bin ich denn wert euch zu sehn?Schweig! rauscht der Wald, lausch uns, so schallt´s,Dann wird dir das Wunder geschehn!Da kam den sonnigen WiesenpfadEin Weib aus dem Volke daher,Bekreuzt sich, da sie den Wald betratAls ob er die Kirche wär!So trat sie ins Waldesrauschen hinein.Doch ich hab´ am Waldsaum gekniet:Du Wiese und Wald, ihr macht mich noch rein!Eine Träne fällt mir vom Lid …
In der Altstadt, die nur so heißt,– denn, wo einst Winkelgäßchen gekauert,dünstig vom Mittelalter umschauert,dehnen Zinshausstraßen sich dreist, –Eine Oase, die jedes Aug´ preist:Uralte Bäume, ein Garten ummauert,haben Jahrhunderte überdauertbei der Kapelle zum heiligen Geist.Aus dem Rasen – fern Stadtlärm und Hast!ragen verstreut zu der Bäume Füßenschräge Steinplatten, grau und bemoost.Gern hält Liebe hier Abendrast;die fühlt hier dankbar des Lebens Grüßen,ahnt nicht, daß sie auf Friedhofsgrund kost.