Geht nach dem Morgenland; vernehmt die Weisen, die einst zum Saitenspiele dort erklungen.Sie sollten Gott, den Einzigen, nur preisen und wurden doch für andre auch gesungen. Die Sänger starben, doch seht ihr die Notender Lieder noch, wenn ihr vor Säulen steht, und mit dem Auge hört ihr noch der Toten Gesänge, wenn ihr durch die Trümmer geht.Die Psalter und die Harfen sind zerbrochen, zu denen Davids Stimme man gehört,und wo der Herr durch Steine einst gesprochen, liegt ihre Harmonie, ihr Reim zerstört.Doch seht ihr wo ein Kapitäl noch ragen, ein steinern Lied, im zarten Mondesschein, so dürft ihr im Gedicht es heimwärts tragen und der Verstorbnen fromme Erben sein.Geht nach dem Morgenland; vernehmt die Weisen, die dorten einst in Wort und Werk erklungen.Sie sollten Gott, den Einzigen, nur preisen und wurden doch für ihn nicht ausgesungen. Die Töne hört, die sich aus Trümmern ringen; vernehmt ihr Klagen, und befreiet sie;dann wird in Euern Liedern neu erklingen des Morgenlandes Gottespoesie!
Hast du geliebt? Weißt du wohl, was das heißt? Denk nach, denk nach, wenn du es noch nicht weißt.Die Frage wird dir jeden Tag gegeben; die Antwort hast du jeden Tag zu leben.Hast du geliebt? Es wird ein Ja verlangt, Weil jeder, so wie du, nach Liebe bangt.Was du ihm gibst, sein Engel trägt´s nach oben, und dort, dort wird es für dich aufgehoben.Hast du geliebt? So wirst du einst gefragt, Wenn das Gericht des Allerforschers tagt. Das Urteil hast du dir dann selbst zu geben; es liegt schon da: Es ist dein Erdenleben!
Geh nicht zu denen, welche von sich reden; sie kennen nur das eigne, liebe Ich.Ein feines Ohr vermeidet die Trompeten; der Weise hält am liebsten sich für sich.Geh nicht zu denen, welche von sich schweigen; auch sie verehren nur ihr liebes Ich.Sie wollen sich als große Schweiger zeigen; der Weise hält am liebsten sich für sich.Und mußt du doch als Mensch zu Menschen gehen. So sprich und schweig, doch beides nicht für dich. Das Sprechen sei für die, die dich verstehen.Das Schweigen für der andern liebes Ich.
Ich schlafe ein an meiner Mutter Brust; o welche Wonne, welche selge Lust! Die Mutter ist so fromm; sie ist so rein,und ich will so wie sie auch immer sein.Ich schlafe ein an meiner Mutter Brust; o welche Wonne, welche selge Lust! Sie ist so lieb; sie ist so mild, so gut; ich sag ihr Alles, was mir wehe tut.Ich schlafe ein an meiner Mutter Brust; o welche Wonne, welche selge Lust! Geht sie dereinst in Gottes Himmel ein, wird sie mein Engel, o mein Engel sein!
Es naht ein ernster, heilger Tag,an dem ich in mich forschen gehe, nach allem, was ich suche, frag und vor mir selbst als Richter stehe.Ich halte da ein streng Gericht und prüfe nicht etwa gelinde, damit dereinst bei Gott ich nicht ein niederschmetternd Urteil finde.Und wann kommt dieser ernste Tag? An jedem Morgen kehrt er wiederund schreibt der Stünden schweren Schlag für einst und ewig in mir nieder.
O Liebe, die ich endlich nun erfaßtund die du mich so ganz ergriffen hast, daß ich nur dir, nur dir zu eigen bin,nimm mich; nimm mich; ich gebe mich dir hin.Wer sich mit seinem Sein in dich versenkt, dem wird von dir ein besseres geschenkt,denn was du von ihm nimmst, gibst du als Glück, als Seligkeit ihm tausendfach zurück.So will ich durch dich und in dir alleinnur im Beglücken selbst auch glücklich sein, will nimmer rasten und will nimmer ruhn, nur was du willst, nichts Anderes tun.Jedoch damit ich ja nicht irre geh und unter Lieben schwach zu sein versteh, so gib mir deinen Bruder an die Hand, den klugen Lebensführer, den Verstand!
Ich hab gefehlt, und du hast es getragen,so manches Mal und, ach, so lang, so schwer. Wie das mich nun bedrückt, kann ich nicht sagen; o komm noch einmal, einmal zu mir her!Du starbst ja nicht; du bist hinaufgestiegen zu reinen Geistern, meiner Mutter Geist.Ich weiß, du siehst jetzt betend mich hier liegen; o komm, o komm, und sag, daß du verzeihst!Komm mir im Traum; komm in der Dämmerstunde, wenn, Stern um Stern, der Himmel uns umarmt. Bring mir Verzeihung, und bring mir die Kunde, daß auch die Seligkeit sich mein erbarmt!
Schließ auf das Tor; laß seine Flügel springen; zünd deine Leuchte an in allen Landen! Mir ist, als hörte ich den Ruf erklingen,es sei der Tod zum Leben auferstanden. Breit deine Fluren aus und deine Pfade;laß deine Wasser klar und freundlich fließen, und von dem Himmel möge sich die Gnade auf Alles, was die Erde trägt, ergießen.Schließ auf das Tor; es tritt die Menschheit ein; o, laß ihr diesen Schritt gesegnet sein!Schließ auf den Schrein, vor dem wir betend knien, dem wir die Liebe, die Verehrung zollen,die wir auf seinen Inhalt doch beziehenund nicht dem Menschenwerke widmen sollen! Laß uns erkennen, was wir nicht erkannten,uns der Geist die Seele stets verhehlte; laß uns verstehen, was wir nicht verstanden, weil uns die wahre Liebe nicht beseelte.Schließ auf den Schrein, und zeig, was er enthält, daß mit dem Schleier auch der Irrtum fällt!Schließ auf die Herzen; nirgends stehn sie offen, denn jedes will nur für sich selbst empfinden, und doch ist es ihr eignes, schönstes Hoffen, daß sie in Liebe sich zusammenfinden!Laß diese Liebe endlich doch erwachen und aus dem Ich heraus ins Leben steigen,die Menschen zur gesamten Menschheit machen und sich als Seele dieses Leibes zeigen.Schließ auf die Herzen; lehre sie verstehn, daß alle Pulse nur als einer gehn!Schließ auf das Paradies; gib es uns wieder! Wir wollen heim; wir wollen Frieden halten. Der Vater ist das Haupt; wir sind die Glieder; nur seine Güte soll im Hause walten.Sei du die Zeit, die uns um ihn versammelt, zeig uns der Worte köstlichstes auf Erden, das unsre Bitte um Versöhnung stammelt, dann wirst du eine Zeit des Edens werden. Schließ auf das Paradies, das Gottesland, und sei uns zur Erleuchtung zugesandt!
Gib dich nicht hin dem irrigen Gedanken, daß du ein Spielball blinden Loses seist. Befreie dich von deinen engen Schranken, und such nach ihm, der für dich Zufall heißt.Du wirst sehr bald ein göttlich Walten spüren, wohin du blickst, sei nah es oder fern,und dies Empfinden wird dich weiter führen, bis du sie deutlich fühlst, die Hand des Herrn.Zwar wird von ihr dem Unverstande nimmer das, was er will, schnell in den Schoß gelegt, doch kennt die Weisheit und die Liebe immer den Wunsch, der sich in deinem Herzen regt.Und ist die Sonne heute dir entschwunden, so wirst du sie schon morgen wiederschaun.Es hängt der Ratschluß Gottes nicht an Stunden; er fordert nur Gehorsam und Vertraun.
Ergib dich drein, du liebes Menschenkind, daß deine Wege nicht die meinen sind. Es kann nicht Alles so, wie du willst, sein; du bist nicht Herr; ergib dich ruhig drein!Ergib dich drein, und forsch und hadre nicht; tu, was die heilge Stimme in dir spricht.Sie flüstert dir das einzig Richtge ein;sie täuscht dich nicht; ergib dich ruhig drein!Ergib dich drein. Beschwerlich ist der Steg, der deiner harrt, fernab vom breiten Weg. Schlägst du ihn ein, schlägst du ihn gläubig ein, so wird er dir ein Pfad zum Himmel sein!