Gedichte von Ludwig Scharf

Ludwig Scharf
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Ludwig Scharf

deutscher Lyriker
* 2.2. 1864 - Meckenheim, Pfalz
†21.8. 1938 - Schloß Patosfa bei Kaposvár, Königreich Ungarn

Wenn wir um unsern rauhen Tisch,
Genossin, ich und du,
Des Abends traut zusammen sind,
Du häkelst, ich schau zu –

Du plauderst drein erinnerungsvoll
Von deinem ersten Schatz:
Ich lausche deiner Stimme nur,
Versteh nicht Wort noch Satz –

Und freue mich im Herzen drin,
Daß ich um dich geworben –
Was morgen kommt, was heute war,
Ist sanft in mir erstorben.

—
Nachweis / Zusammenhang
»Jugend«

Ackerkrume,
Scholle der Erde,
heilige, reine
wie ich dich liebe! —
Erde war ich —
Und Erde werd´ ich
Und nichts darüber!
Dann schlaf ich wieder
in heiliger Scholle.

—

Ein altes Weib verhaucht seine dünne Seele:
Glaubst du, daß sie weiter leben wird? ..
Glaub´s nicht! Glaub´s nicht!

Ein greiser König verhauchte seine müdgeword´ne Seele:
Glaubst Du, daß sie weiterleben wird? ..
Glaub´s nicht! Glaub´s nicht!

Ein muntrer Knabe verhauchte seine tieferschrock´ne Seele:
Glaubst Du, daß sie weiterleben wird? ..
Glaub´s nicht! Glaub´s nicht!

Keiner, der da war, kommt wieder!
Keiner, der da ist, weiß, daß er war!
Das glaub´ – und liebe den Tod!

—
Nachweis / Zusammenhang
›Verstreut veröffentlichte und handschriftlich überlieferte Gedichte‹ (1883-1926), in: »Ludwig Scharf: Gesammelte Lyrik und Prosa. Mit einer Auswahl aus dem Briefwechsel«, hg. v. Walter Hettche, Aisthesis Archiv 16, Bielefeld: Aisthesis Verlag, 2011. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Aisthesis Verlags

Komm du süßer heiliger Schlaf,
Wunderkind aus besserer Welt,
Drück mir leis die Augen zu,
Die noch Wehmut offenhält.

Komm du silberklarer Mond,
Komm aus dunkler Wolke für:
Wirf den bleichen Leichenschein
Auf die Fieberwange mir.

Dort im Thal, wo´s Wasser rauscht,
Hat sie mir ihr Leid vertraut:
Streue Mond dein Totenlicht
Auch aufs Haupt der ärmsten Braut.

Dann wach auf du Geist des Traums,
Laß mich zwei Gebeine sehn,
Die in dunkler Gruft vereint
In ihr einstiges Nichts vergehn.

—
Nachweis / Zusammenhang
›Lieder eines Menschen‹ (1905), in: »Ludwig Scharf: Gesammelte Lyrik und Prosa. Mit einer Auswahl aus dem Briefwechsel«, hg. v. Walter Hettche, Aisthesis Archiv 16, Bielefeld: Aisthesis Verlag, 2011.
Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Aisthesis Verlags

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