Wer ist ein wahrhaft armer Mann?
Ist´s der in hoffnungsloser Kerkernacht?
Wer bei der sterbenden Geliebten wacht?
Wer auf dem Balken treibt im Ocean?
Ist´s, wer von Zweifeln ewig wird zerrissen?
Wer eine Schuld beherbergt im Gewissen?
Wem seine Tochter rohe Krieger schänden?
Wer auf dem Hochgericht den Sohn sieht enden?

Nein! wer den Jammer trinkt bis auf die Neige
Und wahrhaft elend, ist allein der Feige;
Ein Feiger, hoch vom Schicksal hingestellt
Und ausgesetzt den Blicken einer Welt,
Die alle fragen, ob er kühn sich stemme
Anstürmenden Gefahren oder nicht?
Ob er ein Mann soll heißen oder Memme?
Wenn bleich und zitternd er zusammenbricht.

Nikolaus Lenau
Bitte anmelden, um Kommentare zu sehen und zu posten

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.