Ob wir´s erlitten, ob verschuldet Vergangnes ist nicht abgetan. Ob losgekämpft und ungeduldet, Es folgt im Stillen unsrer Bahn. Dem Überraschten naht es leise, Heut mit verklärender Gewalt, Und morgen tritt´s in unsre Kreise Verkehrt zu wilder Mißgestalt.
Wenn die ersten Veilchen blühnIst die Rosenzeit nicht fern.Mädchenwangen rosig glühn,Trifft sie ein geliebter Stern.Scheitert an der Blicke KlippenNicht der Mund, zu bittrem Leid,Von den Augen zu den LippenIst es dann nicht allzuweit.
Neuer Frühling ist gekommen, Neues Laub und Sonnenschein, Jedes Ohr hat ihn vernommen, Jedes Auge saugt ihn ein. Und das ist ein Blühn und Sprießen, Waldesduften, Quellenfließen, Und die Brust wird wieder weit, Frühling, Frühling, goldne Zeit! Von dem Felsen in die Weite Fliege hin, mein Frühlingssang, Ueber Ströme und Gebreite, Durch Gebirg und Blüthenhang! Darf nicht wandern, muß ja bleiben Ob´s mich ziehn auch will und treiben, Doch so weit mein Himmel blau´t Singen, singen will ich laut! Wie die Welt auch wechselnd gehe, Wie das Schicksal auch mich treibt, Komme Glück und komme Wehe, Wenn nur Eines mir verbleibt: Fester Muth der freien Seele Und die freud´ge Liederkehle,Lebenslust und Lebensdrang, Goldnes Leben im Gesang!
Wie du´s ihnen einmal recht gemacht,so wollen sie´s immer haben,Und ob du zehnmal Bessres erdacht,Sie hadern mit deinen Gaben.Was schiert sie, daß dich das Leben geführt,Und anders dein Müssen und Sollen!Du sollst nur können, was sie berührt,Und kannst nichts, was sie nicht wollen.Daß du sie führest so wie du mußt,Nie werden sie dir´s erlauben!Das alte Lied und der alte Wust,Man predigt Blinden und Tauben!
Zu deinen Füßen will ich ruhnUnd dir ins Auge schaun,Die blaue Nacht mag leise nunAuf uns herniedertaun.Schon tauchet aus dem stillen SeeDes Mondes Bild empor,Und kühner schweift das scheue RehDurch Wald und Wiesenmoor.Mein Haupt laß ruhn auf deinem Schoß,Da ruht es sanft und weich.Wie ist der Himmel weit und groß,Wie ist die Erde reich!Der schönste Stern in blauer Nacht,Der schönste Stern bist du,In deines Lichtes sanfter Pracht,O gönne mir die Ruh!An deinem Herzen laß mich ruhn,Nur kurze sel´ge Zeit!Kein Lauscher kündet unser Tun,Die Welt ist traumgefeit.An Deinen Lippen laß mich ruhn,Eh´ noch die Nacht verglimmt,Bis unsre Seele träumend nunIn Seligkeit verschwimmt!
Noch ist die blühende, goldene Zeit,du schöne Welt, wie bist du so weit!Und so weit ist mein Herz und so blau, wie der Tag,Wie die Lüfte durchjubelt von Lerchenschlag.Ihr Fröhlichen singt, weil das Leben noch mai´t:Noch ist die blühende, goldene Zeit,Noch sind die Tage der Rosen!
Wie mit ungehemmtem Schritt Wechseln Tag und Leben, Nimmt der Wechsel dich auch mit, Wandelt sich dein Streben. Holde Züge, Melodie´n Zaubrisch einst ergreifend, Läßt du kühl vorüber ziehn, Kaum die Seele streifend. Was dein Wesen einst berückt, Was dein Herz bereute, Blüthen sind´s, im Lenz gepflückt, Die der Wind zerstreute. Wenn zu lächeln dir gelang Dem, was du verloren, Weißt du, welchem Wandelgang Dich die Zeit erkoren?
Wohl wahr, daß uralt alles Klagen,Daß allen Jammer, jede Noth,Schon sonst ein Menschenherz getragenSolang das Leben führt zum Tod.Doch immer neu wird all sein Ringen,Mit dem er durch die Zeiten geht,Der Mensch in jener Sprache singen,In der die Menschheit sich versteht.
Und kommt die Nacht verschwiegen, Gehab dich wohl, mein Knab´; Viel weiße Rosen wiegen Sich über meinem Grab. Frau Nachtigall im Hagen Singt durch den stillen Raum Ihr Lied aus alten Tagen, Ich hör´s als wie im Traum. Mein Liebster kommt gar leise Und pflückt am Dorngeheg Den Strauß für die Reise. Gott schütze seinen Weg!