Im Lenz, wenn die Veilchen blühn zu Hauf, Gib acht, da wachen die Tränen auf. Im Herbst, fiel alles Laub vom Baum. Ach Lieb´ und Glück vergangen wie im Traum! Gib acht, so ist der Dinge Lauf: Blumen und Wunden brechen im Frühling auf.
Still und hell ist mein Gemüt, Wie im Herbst ein Sonnentag, Und doch fühl´ ich, daß im Innern Wie durch Lenzes Zauberschlag Eine junge Schöpfung blüht. Hast du noch nicht ausgeglüht, Meiner Jugend Sonnenschein, Und wenn jetzt der Winter käme, Würd´ er mir in Blüten schnein, Wie im ewigjungen Süd? Ach, und meiner Flügel Schwung War so traurig schon gelähmt! Denn ich habe sterben sehen; Und nun fühl´ ich fast beschämt Mir zum Leben Mut genung. Wäre nicht Erinnerung, Schiene Traum, was Leben war! Aber wen die Götter lieben,Stirbt er auch in grauem Haar, Dennoch stirbt er ewigjung.
Soll ich ihn lieben,Soll ich ihn lassen,Dem sich mein Herz schon heimlich ergab?Soll ich mich üben, Recht ihn zu hassen,Rate mir gut, doch rate nicht ab.Wild ist er freilich,Hastig von Sitten,Keiner begreift es, wie lieb ich ihn hab.Aber so heiligKann er auch bitten,Rate mir gut, doch rate nicht ab.Reichere könnt´ ich,Weisere haben,Gut ist im Leben ein sicherer Stab.Keiner doch gönnt´ ichDen wilden Knaben –Rate mir gut, doch rate nicht ab.Laß ich von schlimmerWahl mich betören,Besser, ich legte mich gleich ins Grab,Klug ist es immerAuf Rat zu hören,Rate mir gut, doch rate nicht ab.
Geheimnis bleibt dem tiefsten Geist,Was Dasein heißt.Gott hat das Rätsel ausgesprochen,Sich selbst darüber den Kopf zerbrochen,Bis er in Scherben zerschellt;Die nennt man nun: die Welt.
Die ihr über dem Haupt mir schwebt, Dunkle Mächte des Lebens, Holder Gaben die Fülle gebt, Ach, nur daß ihr den Schleier hebt, Der den sterblichen Blick umwebt, Hofft die Seele vergebens? Allmacht, ewige Meisterin, Ist denn Frevel die Frage, Ob ich einst das Woher? Wohin? Zu enträtseln berufen bin, Ob dem ahnungumwobnen Sinn Himmlische Klarheit tage? Oder ruf´ ich umsonst dich an? Mußt du herrschen und schweigen? Darfst du, wie dem gefangnen Mann, Was ich nimmer erreichen kann, Durch des ehernen Gitters Bann Nur von ferne mir zeigen?
Hab Erbarmen! hab Erbarmen,Um mich selbst bin ich gebracht,Wenn du winkest mit den ArmenDurch die Ferne, durch die Nacht.Lösch, o lösch die kleine Kerze,Die mir dieses Nackens PrachtNur enthüllt zu meinem SchmerzeDurch die Ferne, durch die Nacht!Deine Stimme laß ertönen,Denn sie dringt heran mit Macht,Als umarmte mich dein SehnenDurch die Ferne, durch die Nacht!
Viel hier lehren die Trümmer doch eins,was nirgends gelehrt wird,selten im Leben und nie spricht manin Schulen davon:Ganz sein. Wenn du es einmal warst,so mögen Barbarentrümmern und bröckeln an dir:deine Gestalt – sie besteht.
Ach, wer versteht sein eigen Herz!Ein Rätsel ist dir´s, in die Brust geschaffen;Heute schwer wie ein Berg von Erz,Will es dich in die Tiefe raffen;Morgen aller Schwere entbunden,Jauchzend lodert es wolkenwärts,Und dann in gleichgemessenen StundenGelassen trägt es Lust und Schmerz.Ach, wer beherrscht sein eigen Herz!
In Sternennacht,wenn´s dämmert sachtüber Feld und Heide,mußt himmelwärtso Menschenherzdich heben in Lust und Leide.
Schwüle Stunden! Flüsternd kaumBebt das Laub im Sommerwinde;Vogelstimmen wie im TraumGirren im Gezweig der Linde.Auf dem blumigen WiesenplanGlüht und zittert Sonnenhelle;Schlummertrunken ruht der SchwanAuf des Weihers blanker Welle.Ach, und mir in tiefster BrustBrechen auf die alten Wunden.Sehnsuchtsvoll in Qual und LustDenk´ ich alter schwüler Stunden!