Sei zufrieden, sei zufrieden
Mit demTrost, den Gott dir beut,
Jedem ist nicht Gold beschieden,
Und der Rosen Durft gestreut. –

Wenn auch der im Weltendome
Auf der Sphären Klänge lauscht,
In des Denkens tiefem Strome
Weltvergessenheit ihm rauscht;

Wenn er auch in Seraphsgluten
Hoch im Reich der Liebe schwebt
Und im Fluge von Minuten
Ganze Ewigkeiten lebt:

Sieh, auch Dir grünt noch ein Blättchen,
Glänzt der Sonne Abendgold,
Und vielleicht ist auch ein Mädchen
Dir mein Herz noch gut u. hold.

Darum still, wenn tropfenweise
Dir der Born der Liebe quillt,
Wenn der Kelch der Schönheit leise
Tröpfelnd nur den Durst Dir stillt.

Doch wenn einstens die Posaune
Dich erweckt mit Donnerruf,
Dann, mein Herz, wach´ auf und staune
Vor dem Gotte, der dich schuf!

Ludwig Scharf

Zusätzliche Informationen

›Verstreut veröffentlichte und handschriftlich überlieferte Gedichte‹ (1883-1926), in: »Ludwig Scharf: Gesammelte Lyrik und Prosa. Mit einer Auswahl aus dem Briefwechsel«, hg. v. Walter Hettche, Aisthesis Archiv 16, Bielefeld: Aisthesis Verlag, 2011. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Aisthesis Verlags

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deutscher Lyriker
* 2.2. 1864 - Meckenheim, Pfalz
21.8. 1938 - Schloß Patosfa bei Kaposvár, Königreich Ungarn
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