Goldbraun deckt das Laub die Erde,
Lichtgelb hängt´s noch in den Bäumen:
Ruft Natur dem einen zu "Verwerde",
Darf das andre noch ein Weilchen träumen.

Solch ein Weilchen ward auch Dir beschieden:
Viele sanken vor Dir in die Grube,
Schlummern längst in Nichtseins tiefem Frieden,
Räumten Haus und Straße Dir und Stube.

Träume noch ein Weilchen, alter Knabe,
Von verwelktem Laub, von Brüdern, Schwestern,
Wandre still durchs Licht an Deinem Stabe
Und dem Morgen sing Dein Lied von gestern!

Ludwig Scharf

Zusätzliche Informationen

›Verstreut veröffentlichte und handschriftlich überlieferte Gedichte‹ (1883-1926), in: »Ludwig Scharf: Gesammelte Lyrik und Prosa. Mit einer Auswahl aus dem Briefwechsel«, hg. v. Walter Hettche, Aisthesis Archiv 16, Bielefeld: Aisthesis Verlag, 2011. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Aisthesis Verlags

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deutscher Lyriker
* 2.2. 1864 - Meckenheim, Pfalz
21.8. 1938 - Schloß Patosfa bei Kaposvár, Königreich Ungarn
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