Auf dem alten jüdischen FriedhofeSinnend stand ich bei dem GrabeRabby Löv´s, des jüd´schen Weisen,Hörte wie im Traum den FührerSeine todten Ahnherrn preisen.Und warum, so frug ich staunend,All´ die Juden, groß und kleine,Auf das Grab mit leisem MurmelnWerfen bunte Kieselsteine?Und es wurde mir die Antwort:"Um zu ehren, ist geboten,Daß wir Blumen streu´n Lebend´gen,Steine auf das Grab der Todten."Von solch´ heidnischem GebraucheSind wir Christen längst gereinigt:Wir bekränzen stets die GräberJener, welche wir gesteinigt.
Dort, wo JammerUnd große SchuldVor dir sich beugenIn schmerzlicher Reue,Dort, wo beladenMit menschlichem Elend,Von Dir ein Wesen,SündenmüdeLebensmüde,Erlösung heischt,Dort wirst Du hören, –Denn Du bist Gott!
Du kämpfest nutzlos gegen jene Macht, Die alle Worte nicht erschöpfend nennen, Woran die Brust wir stets uns blutig rennen, Die unsre tiefsten Schmerzen frech verlacht. Was liebevoll der Welt Du zugebracht, Wofür begeistert treue Herzen brennen, Es scheitert doch ... Du wirst es noch erkennen An des Gemeinen ewig starker Macht.
Die traurige Kindheit,Des Vaters Tod.Der Jugend Blindheit,Die herbe Noth,Die Wintertage,Das dünne Kleid,Die Sorg´ und Plage,Das Seelenleid …Die Gleichgiltigkeit,Die schwer wie Erz,Die schmerzlose Zeit –Die mehr als Schmerz …Das alles wogte,Wieder vorbei,Mit leisem SchluchzenUnd dumpfem Schrei,Als deine HandDurch die Saiten glitt –— — —O, wie ich litt! –
Die alte Frau hat ein hartes Gesicht,Doch kluge, sanfte Augen,Die wenig mehr beim PfenniglichtUnd nicht zum Weinen taugen.Sie war ein Balg … Als FindelkindVerlass´ner als die Armen,Bat weder Herren noch GesindUm Futter und Erbarmen.Sie griff fest zu und schaffte strammWie ehrbar ernste Leute,Daß nie sie Unverdientes nahmErfreut das Weib noch heute.Sie zeigt auch jetzt mit BauernstolzErdarbte Talerscheine:"Die sind mein unverbranntes Holz,Meine ungetrunknen Weine…Die sind mein ungegessenes Brot,Auf jedem steht geschrieben:Ein Alter ohne Schand´ und Not…Und was mir Gott schuldig geblieben."
Stets diese Nacken, diese künstlich-weißen,Und stets dieselben gutgeschulten Augen!Ich weiß, was all´ die Marionetten taugen,Wenn jene Drähte, die sie führen, reißen ...Manchmal ist mir, als ob in´s Ohr mir rauneDen Liedertext die unbekannte Schöne;Die Worte hör ich dann, die dunklen Töne,Die sie mir sang in rasch erwachter Laune.Ja ... jedes Wort war nur für mich gesungen,Mir flammten ihrer Augen scheue Sonnen,Mich lockten alle gleißenden Dämonen,Die aus dem Liederkuß sich aufgerungen.
Ihr seid beleidigt, weil ich nichtGerührt in Eure Arme stürzeUnd das Verzeihungs-ArrangementMit keiner Reuescene würze.Ich flehte nicht, Ihr selber seidNun plötzlich gnädig mir gewogen;Doch legt die Gnadenmienen ab,Schaut, welche Kluft Ihr einst gezogen.Setzt nur herüber kühnen Sprungs,Seid einmal menschlich-unbesonnen…Brecht Ihr auch das Genick dabei,Hat Welt und Hölle nur gewonnen.
Reize mich nicht – o reize mich nicht!Ich könnte sonst vergessen,Wie viel ich thörichte Liebe für DichUnd Selbstverleugnung besessen!Ich könnte vergessen, was ich Dir galtUnd was ich um Dich gelitten,Drum reize mich nicht – o reize mich nicht,Zur Stunde kann ich noch bitten!Doch wehe! wenn ich es nicht mehr kann,Dann kenn´ ich kein Zögern und Schwanken,Du weißt, wenn meine Lippe zuckt,Dann morden die bösen Gedanken.
Es fragen mich die Menschen,Was mich so elend gemacht;Ich sag´ euch, ich habe mein ElendMit auf die Welt gebracht.Es liegt in meinem FühlenIn dem halbentfesselten Geist,Der aufwärts will und der AllesZur Erde doch wieder reißt.
Ich habe mich zu erhängen gesucht:Der Strick ist abgerissen.Ich bin in´s Wasser gesprungen:Sie erwischten mich bei den Füßen.Ich habe die Adern geöffnet mir:Man hat mich noch gerettet.Ich sprang auch einmal zum Fenster hinaus:Weich hat der Sand mich gebettet.Den Teufel! ich habe nun alles versucht,Woran man sonst kann verderben –Nun werd´ ich wieder zu leben versuchen:Vielleicht kann ich dann sterben.